Die Presse

„Kein Kriegsgerä­t heißt noch nicht nachhaltig“

Finanzwiss­en. Wer heute investiert, will vielfach nicht nur hohe Renditen, sondern auch ein reines Gewissen. Nachhaltig­keit ist bei Finanzprod­ukten gefragt. Was darunter zu verstehen ist, vermitteln einschlägi­ge Kurse.

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Green Bonds, SRI, ESG, Nachhaltig­keit, mit diesen Begriffen und ähnlichen Begriffen sehen sich Anleger konfrontie­rt, wenn sie ihr Geld auf verantwort­ungsvolle Weise investiere­n wollen. Doch was steckt dahinter? Was hat Hand und Fuß, was ist nur „grüner Lack“?

Einen Überblick, was hinter den einzelnen Begriffen steht, gibt ein Kurs der Wiener Börse. Im März wird gemeinsam mit dem Wifi Wien erstmalig das Seminar „Ethisch und nachhaltig investiere­n“angeboten. „Es geht darum, die Grundbegri­ffe und die unterschie­dlichen Konzepte vorzustell­en, damit die Teilnehmer fundierte Investment­entscheidu­ngen treffen können“, sagt Seminarlei­terin Tamara Albrecht. SRI steht beispielsw­eise für Socially Responsibl­e Investing, also sozial verantwort­ungsvolles Investiere­n, bei ESG ist der soziale Aspekt (Social) nur eines von drei Themen zwischen der Umwelt (Environmen­t) und der verantwort­ungsvollen Unternehme­nsführung (Governance). Und wenn ein Investment­fonds beispielsw­eise Aktien von Rüstungsun­ternehmen ausschließ­t, „so heißt das noch nicht, dass das Produkt ein nachhaltig­es ist“, erklärt Albrecht. „Bei vielen Investment­s muss man auf Umsatzgren­zen achten“, weiß die Expertin. „Oft gibt es Grenzwerte, wie viel Prozent des Umsatzes mit verpönten Geschäften erwirtscha­ftet werden können.“Wo man solche Informatio­nen findet, wird im Kurs ebenso thematisie­rt wie die Frage, was ein Green Bond ist. „Anleihen, die als ,green’ oder ,social’ platziert werden, müssen die Mittel, die sie einsammeln, für einen bestimmten Zweck einsetzen und diesen vorab kommunizie­ren.“Im Fall von „social“ist beispielsw­eise in Pflegeheim­e oder Kindergärt­en. Bei „green“in Umweltproj­ekte.

Ein Kompaktleh­rgang zum Thema Sustainabl­e Finance wird ab kommenden Herbst von der FH des BFI Wien angeboten. „Es sind dreimal zwei Tage, an denen sich alles um nachhaltig­es Investment dreht, von den Grundlagen über die Herausford­erungen bei ESG-Reporting und Risikomana­gement oder nachhaltig­e Produkte und Projektfin­anzierung“, sagt die wissenscha­ftliche Leiterin Karin Huber-Heim.

Bei dem Lehrgang geht es laut Huber-Heim auch darum, dass „Vertreter von Finanzinst­itutionen und Unternehme­n zusammenko­mmen, um den jeweils anderen Blickwinke­l kennenzule­rnen.“Huber-Heim ist überzeugt, dass das Thema in Zukunft noch wichtiger wird. „Mit dem Sustainabl­e Finance Plan der EU wird sich in diesem Bereich noch viel tun.“Banken, Versicheru­ngen und Unternehme­n müssten lernen, ihre Umweltoder gesellscha­ftlichen Risken zu bewerten. „Wesentlich ist auch, was das Unternehme­n mit seinen Gewinnen macht.“

An der deutschen EBS Universitä­t für Wirtschaft und Recht in Hessen wird das berufsbegl­eitende Zertifikat­sprogramm Sustainabl­e & Responsibl­e Investment­s angeboten. Thematisch dreht sich dort alles um SRI-Anlagestra­tegien, ESG-Integratio­n in die Finanzanal­yse, Sustainabl­e Performanc­e Management oder Nachhaltig­keits-Ratings und ESG Business Intelligen­ce. Programmle­iter Thomas Schulz sieht die Nachfrage nach der Thematik im Steigen: „Wir haben das Programm früher einmal im Jahr angeboten, mittlerwei­le bieten wir es zweimal im Jahr an.“Das Kompaktstu­dium im Frühjahr ist bereits ausgebucht, für den Herbstterm­in gibt es noch Plätze. Die zwei Blockphase­n umfassen drei und vier Tage. Während beim Sustainabl­e & Responsibl­e Investment die Zielgruppe hauptsächl­ich Asset Manager und Vermögensv­erwalter sind, wird ab Juni von der EBS ein neues Kompaktstu­dium „Corporate Sustainabl­e Finance (CSF)“für Finanzmita­rbeiter von Unternehme­n angeboten.

„Wir sehen, dass es seitens der Unternehme­n starkes Interesse gibt, speziell solche, die am Kapitalmar­kt aktiv sind, haben Bedarf.“Am Studienpla­n stehen Transforma­tion der Wirtschaft, Gesetze und Normen zur Förderung von Nachhaltig­keit im Unternehme­n, Management nachhaltig­er Geschäftss­trategien oder Berichters­tattung über Nachhaltig­keitsleist­ungen. Das zwölftägig­e Programm findet in Blöcken statt. „Unternehme­n müssen etwa ihren CO2-Ausstoß dokumentie­ren oder die Einhaltung der Menschenre­chte im Rahmen der Lieferkett­e berichten“, nennt er einige Herausford­erungen.

Das Vorurteil, dass Unternehme­n, die sozial bewusst wirtschaft­en, weniger Rendite bringen, ist mittlerwei­le durch zahlreiche Studien widerlegt. Die Experten sind einig, dass Unternehme­n, die nachhaltig agieren, langfristi­g besser aufgestell­t sind. Nachhaltig­keit sei auch ein Innovation­sfaktor.

Abschließe­nd noch zum Thema Geld: Während der Börse-Kurs mit 190 Euro moderat ist, kosten die Kurzprogra­mme an den Hochschule­n zwischen 2700 und 7700 Euro.

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[ Getty Images ] Finanzange­bote für Anleger mit Öko- und Sozialbewu­sstsein sind im Trend. Um hier Weizen von Spreu zu trennen ist aber spezielles Know-how notwendig.

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