Die Akte Eurofighter
Österreich verlangt von Airbus eine Entschädigung und droht mit dem Eurofighter-Ausstieg. Aber wie wird dann künftig der Luftraum überwacht? Drei Optionen und ihre Wahrscheinlichkeit.
Wie Österreichs Luftraum künftig geschützt werden könnte. Und wie es zur Affäre kam.
Der Neustart
Es war der Plan, den Hans Peter
Doskozil kurz vor der Nationalratswahl 2017 präsentierte: Österreich soll sowohl die Eurofighter als auch die Saab 105 stilllegen und stattdessen auf ein Ein-Flotten-System umsteigen. Aufgrund der niedrigeren Betriebskosten käme das über die Lebensdauer der Flugzeuge günstiger als die Fortführung des Systems Eurofighter, so die Berechnung der damals von Doskozil eingesetzten Kommission.
Die Frage, was mit den ausrangierten Eurofightern passieren soll, hat der nunmehrige burgenländische Landeshauptmann nicht beantworten können. Verkaufen? Den Kaufvertrag auflösen? Oder einfach verschrotten? Ersteres ist schwierig: Als Käufer kämen realistischerweise nur die Länder des Eurofighter-Konsortiums (Deutschland, Großbritannien, Spanien, Italien) infrage. Beim Verkauf an jedes andere Land müssten die vier Nationen zustimmen. Und auch Eurofighter selbst müsste zustimmen. Aber sonderlich begehrt dürften die österreichischen Flieger ohnehin nicht sein, stammen sie doch aus der älteren Baureihe Tranche 1, für die höhere Kosten im Betrieb anfallen.
Den Vertrag aufzulösen wäre theoretisch aufgrund der Schmiergeldklausel möglich. Aber: Das ist mit jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen und einem hohen Prozessrisiko verbunden. Mit dem Eingeständnis von Airbus, „politische Zahlungen“in Höhe von 55 Millionen Euro in Österreich geleistet zu haben, steigen die Chancen, der Ausgang ist aber immer noch offen. Bleibt das Verschrotten. Aber es ist politisch wohl schwer zu erklären, dass man eine Investition von 1,9 Milliarden Euro gar nicht nutzt. Die Doskozil-Lösung könnte jetzt wieder auf den Tisch kommen – eine Umsetzung erscheint aber eher unwahrscheinlich. Denn wenn sich die Regierung vor einem hüten wird, dann ist es die Anschaffung neuer Abfangjäger mit all den damit verbundenen politischen Debatten und Protesten.
Die Nulllösung
Die Grünen hatten es in ihrem Wahlprogramm stehen: Man könnte auf Überschallflugzeuge völlig verzichten, forderte die nunmehrige Regierungspartei in ihrem Wahlkampf. Man sollte nur die Saab 105 durch neue Trainingsflugzeuge ersetzen, am besten in Form einer Leasingvariante, sagt der grüne Verteidungssprecher, David Stögmüller. Auch da würde sich die Frage stellen, was mit den Eurofightern geschehen soll. Aber immerhin wäre keine Milliardeninvestition in neue Flieger notwendig.
Bisher hat die ÖVP den Standpunkt vertreten, dass Luftraumüberwachung mit Überschallflugzeugen notwendig ist. Doch ganz unmöglich ist es nicht, dass sie jetzt auf die grüne Linie umschwenkt. Grundlage dafür könnte das Regierungsprogramm sein. Dort heißt es über die Entwicklung des Bundesheers, es gehe um die „Sicherstellung und Weiterentwicklung der Kernkompetenzen unter Berücksichtigung der Eintrittswahrscheinlichkeiten von Bedrohungsszenarien“.
Was heißt das für die Luftraumüberwachung? Die Bedrohung durch terroristische Angriffe wird sicher weiter höchste
Priorität haben. Aber da geht es um die Abwehr von Angriffen mit Drohnen und zivilen Flugzeugen. Für Ersteres benötigt man Hubschrauber, für Zweiteres Flugzeuge, aber nicht unbedingt solche mit Überschallgeschwindigkeit. Die sind notwendig, um Angriffe von anderen Kampfflugzeugen abzuwehren. Aber wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Österreich von einem anderen Staat angegriffen wird?
Da könnte auch eine ÖVP-Verteidigungsministerin auf die Idee kommen, angesichts niedriger Bedrohungswahrscheinlichkeit die teueren Flugzeuge ganz abzuschaffen. Was dagegenspricht: Bedrohungsszenarien können sich kurzfristig ändern, eine funktionierende Luftraumverteidigung kann aber nicht kurzfristig aufgebaut werden.
Der Kompromiss
Es spricht viel für die Beibehaltung der Eurofighter: Es ist ein zwar teures, aber modernes System, das in Österreich gut eingeführt ist. Jeder Systemwechsel würde zusätzliche Kosten verursachen. Doch angesichts dessen, was jetzt bekannt ist und von Airbus auch eingestanden wurde, wäre es politisch schwer möglich, einfach zur Tagesordnung überzugehen. Aber man kann mit dem Hersteller einen Kompromiss ausverhandeln. Airbus war bereit, in den USA und in Deutschland hohe Strafzahlungen für Fehlverhalten in Österreich zu akzeptieren. Ein ähnlicher Deal könnte auch in Österreich gelingen – zumal der Konzern bestrebt ist, die weltweite Negativberichterstattung zu beenden.
Werden die Eurofighter behalten, so müssten aber auf jeden Fall als Ersatz für die Saab 105 neue Flugzeuge angeschafft werden. Erstens, um die Pilotenausbildung weiterhin zu gewährleisten. Und zweitens, um nicht alle Einsätze mit den teuren Eurofightern fliegen zu müssen. Und da drängt die Zeit: Mit Jahresende dürften die Saab 105 ihre maximal erlaubten Flugstunden absolviert haben und müssen dann großteils außer Dienst gestellt werden. Eine normale Beschaffung über eine Ausschreibung ist bis dahin schon aus Zeitgründen nicht möglich. Als Ausweg bleibt, neue Flugzeuge im Zuge eines Government-to-Government-Geschäfts von einer anderen Armee anzumieten.