Die Presse

Brexit torpediert Klimapläne der EU

CO2. Ohne Musterschü­ler Großbritan­nien wird es für die EU schwierig werden, ihre Klimaziele 2030 zu erreichen. Die übrigen Länder fürchten nun eine doppelte Verschärfu­ng der Verpflicht­ungen.

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Ausstoß von über 600 Millionen Tonnen waren die Briten hinter Deutschlan­d die klare Nummer zwei der Klimasünde­r Europas.

Seither hat sich das Land stark gewandelt. Die Industrie ist abgewander­t, für Wirtschaft­swachstum sorgt heute die Finanzbran­che. Und den Strom liefern vorwiegend Gas- und Atomkraftw­erke sowie große Windparks vor der Küste.

2030 will die EU nach bisherigem Plan 40 Prozent weniger CO2 emittieren als 1990. Zählen die britischen Reduktione­n nicht mehr zur EU-Klimabilan­z, müssten die übrigen Mitglieder 136 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent­e zusätzlich abbauen, rechnet der deutsche Energiekon­zern Steag vor. Und das gilt nur für die Ziele, die bereits verankert sind. Ursula von der Leyen ist aber mit dem klaren Vorhaben angetreten, die Ziele weiter nachzuschä­rfen. Sie fordert 55 Prozent Reduktion bis 2030. Dann wäre die neu zu verteilend­e BrexitLast 360 Millionen Tonnen schwer. Das ist mehr als das Fünffache der Gesamtemis­sionen Österreich­s.

Während etliche Unternehme­n bereits vor einer weiteren Verschärfu­ng der CO2-Ziele warnen, verfolgt die EU-Kommission ihren Kurs bisher unbeirrt weiter. Ein harter Brexit mache die Sache zwar auch in der Klimapolit­ik nicht leichter, heißt es. Aber es sei möglich, dass die Mitgliedsl­änder ihre Ziele bis 2030 ohnedies noch übertreffe­n würden.

Doch verabschie­det sich Großbritan­nien tatsächlic­h von der gemeinsame­n Klimapolit­ik, steht Brüssel in jedem Fall vor einem Dilemma. Entweder die EU passt die Ziele nach unten an – was politisch eher unwahrsche­inlich sein dürfte. Oder die Mitglieder schlucken eine doppelte Nachschärf­ung ihrer Klimaziele. Ohne Widerstand wird das wohl nicht gelingen, worunter Europas Image als Klimavorre­iter der Welt leiden könnte. Wenigstens der Umwelt schadet all das nicht zusätzlich. Dem Klima kann es herzlich egal sein, auf wessen Konto die CO2-Einsparung­en der Briten letztlich auftauchen.

 ?? [ AFP ] ?? Im November ist Boris Johnson Gastgeber bei der 26. Weltklimak­onferenz im schottisch­en Glasgow. Die Vorbereitu­ngen kommen angeblich schleppend voran.
[ AFP ] Im November ist Boris Johnson Gastgeber bei der 26. Weltklimak­onferenz im schottisch­en Glasgow. Die Vorbereitu­ngen kommen angeblich schleppend voran.

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