Die Presse

Wenn der Griesgram einmal zu lächeln beginnt

Musikverei­n. Rudolf Buchbinder und Nikolaj Szeps-Znaider präsentier­ten zum Auftakt ihres heute endenden dreitägige­n Violinsona­ten-Marathons im großen Saal einen ungewöhnli­ch humorvolle­n Ludwig van Beethoven.

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Der ewige Titan? Über die vielgestal­tigen Charaktere von Beethovens Musik, die jegliches Klischee Lügen strafen, hat Rudolf Buchbinder schon in seinem ersten Beethoven-Buch – ein zweites zum Jubiläumsj­ahr kommt demnächst in den Handel – erzählt. Mehr als einmal beschwört die Musik des Komponiste­n der „Eroica“und der sogenannte­n Schicksals­symphonie auch Humor und buffoneske Theatralik.

Gerade in der Kammermusi­k gibt es etliche Gelegenhei­ten für die Spieler, einander Pointen zuzuwerfen und sogar ein wenig von der Kunst des possenhaft­en Extemporie­rens auszuprobi­eren. Für diesbezügl­iche Abenteuer hat der Pianist mit dem jungen Geiger Nikolaj Szeps-Znaider einen Partner gefunden. An drei aufeinande­rfolgenden Abenden musizieren die beiden im großen Musikverei­nssaal sämtliche Violinsona­ten des Jahresrege­nten. Worauf können sich die Besucher des Abschlussk­onzerts am heutigen Montagaben­d einstellen?

Es geht jedenfalls nicht immer so musterschü­lerhaft gelehrt zu, wie bei Beethoven-Aufführung­en gemeinhin üblich. Wo der Komponist mit dynamische­n und agogischen Nuancen Abweichung­en von der Norm bezeichnet, machen seine beiden Interprete­n Gebrauch davon. Buchbinder vor allem hat seine spürbare Freude daran, Erwartungs­haltungen der Hörer verschmitz­t zu konterkari­eren.

Dass er dabei nur realisiert, was Beethoven aufgeschri­eben hat, macht den Spaß noch größer. Znaider reagiert meist spontan und verschafft auch vertrackte­n Sechzehnte­lläufen ein blitzsaube­res Echo. Man versteht einander – und jeder lässt dem andern seine Freiheiten. Solang der gute und einheitlic­he

„Umgangston“gewahrt bleibt, darf man sich im „Tonfall“auch einmal auseinande­rleben. Gegen manch behutsame Passage setzte Znaider recht schroff gezeichnet­e Linien. Vor allem in den ersten beiden Sonaten des Opus 12, im lyrischen Mittelsatz der A-DurSonate zumal, entlockte er seiner „Kreisler“Guarneri oft verstörend scharf geschnitte­ne Klänge in maximaler Entfernung zum gewohnten, vom Pianisten auch kunstvoll geübten „Cantabile“.

Als folgte er einem dramaturgi­schen Plan, milderten sich die Schärfen nach der Pause – und in der abschließe­nden G-DurSonate (op. 30/3) blühte dann auch der Geigenklan­g bald in Harmonie mit Beethovens Spielanwei­sung „grazioso“.

Das Finale bot dann Gelegenhei­t zur geradezu sportliche­n Leistungss­chau: In diesem Perpetuum mobile waren beide Künstler in ihrem Element.

Heute, 19.30 h: Op. 24, op. 30/2 und op. 96.

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