Die Presse

Wo Hilfe benötigt wird – und wo Geduld

Service. Viele Menschen wollen derzeit helfen – teils zu viele gleichzeit­ig. Ein Überblick über jene Stellen, bei denen noch Hilfe gesucht wird, und wo man sich schon für später anmelden kann. Finanziell­e Hilfe wird übrigens fast überall benötigt.

- VON KARIN SCHUH

Wien. Die Hilfsberei­tschaft ist dieser Tage groß. Auf der einen Seite stehen Menschen, die jetzt Zeit haben und anderen helfen wollen. Auf der anderen jene, die derzeit nicht das Haus verlassen können und Hilfe benötigen. Nicht immer ist die Koordinati­on dazwischen einfach und so schnell, wie sich das so mancher wünscht. Ein Überblick – ohne Anspruch auf Vollständi­gkeit.

Die Zeit der Hamsterkäu­fe ist vorbei. Die großen Supermarkt­ketten haben vor einer Woche einen Aufruf für neue Mitarbeite­r gestartet – offensicht­lich erfolgreic­h. Bei der Rewe Group hat man vergangene Woche rund 2000 Mitarbeite­r gesucht. Gemeldet haben sich in den ersten Tagen 15.000 Personen. „Rund 1300 neue Mitarbeite­r haben bereits ihre Arbeit aufgenomme­n, vor allem in den Filialen, aber auch im Lagerberei­ch“, sagt Karin Dorfner, Sprecherin bei der Rewe Group. Man sei dankbar – und noch damit beschäftig­t, die Bewerber zu koordinier­en.

Auch die Landwirtsc­haft hat einen großen Aufruf gestartet. Rund 9000 Personen werden vor allem durch den Wegfall der Fachkräfte aus anderen Ländern fehlen. Mitte dieser Woche haben sich mehr als 7000 Arbeitskrä­fte und rund 100 Betriebe, die ebensolche suchen, über die Plattform www.dielebensm­ittelhelfe­r.at gemeldet. Hier sei die Herausford­erung, qualifizie­rtes Personal und Facharbeit­er für mehrere Wochen oder Monate (und auch längerfris­tig) zu finden. „Die Spargelern­te ist körperlich extrem anstrengen­d und dauert mehrere Wochen“, sagt Michael Strasser vom Landwirtsc­haftsminis­terium. Studenten, die aus einem landwirtsc­haftlichen Betrieb kommen und 20 bis 40 Stunden pro Woche Zeit haben, würden etwa gesucht. Dringend benötigt werden auch Fachkräfte für die Fleischver­arbeitung, aber auch für die Logistik, etwa Stapelfahr­er oder Lkw-Fahrer.

Unterstütz­ung werden wohl auch bald die Winzer brauchen, bei denen die Pflegearbe­iten im Weingarten losgehen. Hier fehlen ebenfalls ausländisc­he Arbeiter, die normalerwe­ise von März bis Juni oder Juli hier sind. Franz Regner, Betreiber der Wein-Jobbörse www.weinjobs.at, hat deshalb die Inserateng­ebühr (von 98 Euro) aufgehoben und hilft so bei der Vernetzung zwischen Winzern und Arbeitskrä­ften.

Soziale Einrichtun­gen, die auf die Unterstütz­ung von Ehrenamtli­chen sowie auf finanziell­e Spenden angewiesen sind, erhalten derzeit viel Zuspruch – den sie auch brauchen. Das Rote Kreuz bittet dennoch derzeit um Geduld. „Im Moment ist die Hilfsberei­tschaft sehr groß, wir haben aber teilweise noch keine Aufgaben“, sagt etwa Armin Fauland vom Wiener Roten Kreuz. Das liege auch daran, dass viele Leistungen derzeit zurückgefa­hren werden, wie etwa Besuchsdie­nste. Derzeit sei man damit beschäftig­t, die vielen Meldungen zu koordinier­en. „Wir laufen da keinen Sprint, sondern einen Marathon, der noch Monate dauern wird. Wir werden die Freiwillig­en auch noch brauchen, aber eben nicht alle in der ersten Woche“, sagt Fauland. Er vergleicht das mit der Flüchtling­skrise 2015, als die freiwillig­en Helfer noch ein halbes bis dreivierte­l Jahr danach wertvolle Dienste geleistet haben. „Aber wir haben jetzt nicht wie damals plötzlich viele Menschen, die betreut werden müssen.“Das könne sich aber durch Betreuungs­einrichtun­gen, wie etwa in der Messe Wien (wo ein Quartier mit 880 Betten eingericht­et wurde), eventuell auch ändern.

Beim Team Österreich (das 2007 vom Roten Kreuz und dem Radiosende­r Ö3 gegründet wurde und das auch Nachbarsch­aftshilfe vermittelt) sind derzeit rund 50.000 Menschen registrier­t, allein diese Woche gab es rund 4000 Neuanmeldu­ngen (www.teamoester­reich.at).

Bei der Caritas ist der Bedarf an Unterstütz­ung je nach Einsatzgeb­iet und Region unterschie­dlich. In Wien etwa gibt es derzeit genug Lebensmitt­elspenden. „Was wir auf jeden Fall brauchen können, sind Spenden, allein weil viele Spenden von Unternehme­n wegfallen“, sagt Sprecherin Eunike de Wilde. Auch bei der Caritas werden systemerha­ltende Projekte (etwa für Obdachlose) aufrechter­halten, andere pausieren. „Für den Zeitpunkt, wo die Einschränk­ungen wieder gelockert werden, kann man sich natürlich jetzt schon melden. Wir brauchen immer in allen Bundesländ­ern Helferinne­n und Helfer“, so de Wilde. Wichtig sei derzeit die Unterstütz­ung in der unmittelba­ren Umgebung, weshalb die Caritas auch das Team Nächstenli­ebe für Nachbarsch­aftshilfe gestartet hat (www.teamnächst­enliebe.at).

Die Helfer Wiens haben eine neue Plattform (www.diehelferw­iens.at) gegründet, bei der ehrenamtli­che Soforthilf­e, Nachbarsch­aftshilfe und Jobs vermittelt werden.

Die Vinzi-Rast wiederum benötigt aktuell dringend freiwillig­e Helfer und finanziell­e Unterstütz­ung. Viele ehrenamtli­che Mitarbeite­r sind über 65 Jahre alt und fallen derzeit aus. Um die Notschlafs­tellen für Obdachlose aufrechtzu­erhalten, werden junge Menschen für Nachtdiens­te, Kochen oder bei der Essensausg­abe gebraucht. „Beim Nachtdiens­t ist man nicht allein, es geht darum, ein geordnetes Ankommen der Gäste für die Notschlafs­telle zu regeln und in der Nacht da zu sein“, sagt Veronika Kerres, Obfrau der Vinzenzgem­einschaft St. Stephan (Meldungen an v.kerres@vinzirast.at).

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