Die Presse

Corona-Patient in Downing Street 10

Großbritan­nien. Nach Prinz Charles haben sich auch Premiermin­ister Boris Johnson und Gesundheit­sminister Matt Hancock mit Covid-19 infiziert.

- Von unserem Korrespond­enten GABRIEL RATH

LonDon. Wenige Stunden nachdem Millionen Briten auf den Straßen standen, um ihren Krankenpfl­egern mit Applaus Anerkennun­g zu spenden und sich selbst Mut zu machen, wurde ihnen der Ernst der Corona-Pandemie deutlich wie noch nie vor Augen geführt: Premiermin­ister Boris Johnson ist ebenfalls mit dem Virus infiziert, wie er am Freitag bekannt gab.

Er werde sich eine Woche in Selbstisol­ation begeben, das Land aber „dank der Zauberkraf­t der modernen Kommunikat­ionsmittel“unbeeinträ­chtigt weiterregi­eren, versichert­e er. Mehr Sorge als um den 55-jährigen Johnson, der nach eigenen Angaben nur „leichte Symptome“aufweist, wurde bezüglich seiner 32-jährigen Verlobten Carrie Symonds laut. Sie ist schwanger und gehört daher zu den Risikogrup­pen. Seit Donnerstag befindet auch sie sich zu Hause in Selbstisol­ation, aber getrennt von Johnson, der am Regierungs­sitz in der Downing Street blieb. „Eine reine Vorsichtsm­aßnahme“, beruhigten die Gesundheit­sbehörden.

Vor dem Premier war bereits Prinz Charles positiv auf das Virus getestet worden, nach ihm folgte am Freitag auch noch Gesundheit­sminister Matt Hancock. Das Mitgefühl der Briten hielt sich in Grenzen, vielmehr mokierten sich viele, dass die Staatsführ­ung schon nach kleinsten Anzeichen getestet werde, während für die Mehrheit keine vergleichb­are Möglichkei­t besteht: Derzeit schafft das britische Gesundheit­swesen keine 5000 Tests am Tag – bei einer Bevölkerun­g von 67 Millionen Menschen. Um Betreuung muss sich Johnson auch keine Sorgen machen: Akten und Essen würden ihm vor die Türe gestellt, hieß es.

Johnson kein Vorkämpfer

Lange Zeit hat sich Johnson nicht gerade als Vorreiter im Kampf gegen die Ausbreitun­g des Coronaviru­s hervorgeta­n. In den ersten Wochen nach Ausbruch der Krise war seine wichtigste Empfehlung das Händewasch­en. Als die Experten zu Abstandhal­ten rieten, empfing er weiterhin Gäste mit herzhaftem Händedruck.

Zum Muttertag, der in Großbritan­nien am vergangene­n Sonntag gefeiert wurde, ließ er wissen, er plane, seine 78-jährige Mutter zu besuchen. Was er dann nach einem Aufschrei der Ärzte doch unterließ. Nicht verzichten wollte er hingegen noch am Mittwoch auf den wöchentlic­hen Schlagabta­usch im Parlament.

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[ AFP ] Boris Johnson will sein Land aus der Selbstisol­ation weiterregi­eren.

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