Unmut über ergebnislosen Krisengipfel der EU-Chefs
Europäischer Rat. Italien, Portugal und Europaparlament kritisieren Fehlen finanzieller Hilfszusagen an besonders hart getroffene Staaten.
Brüssel/Lissabon/Rom. Dass die europäischen Mühlen langsam mahlen, ist nichts Neues. Im Zusammenhang mit der rasanten Ausbreitung des Coronavirus und dem damit einhergehenden Absturz der EU-Volkswirtschaften regt sich allerdings laute Kritik am Krisenmanagement. Donnerstagnacht vertagten die Staats- und Regierungschefs der EU eine Entscheidung über etwaige Finanzhilfen für die von Corona besonders betroffenen Mitgliedstaaten auf April und ersuchten die Finanzminister der Eurozone um die Ausarbeitung eines Maßnahmenpakets in den kommenden zwei Wochen.
Dieser Aufschub ist in Teilen der EU alles andere als willkommen. „Wir erwarten, dass Europa seinen Teil beiträgt“, erklärte Italiens Außenminister Luigi di Maio am Freitag. Jetzt sei nicht die Zeit, um „Parameter, Papierkram und Bürokratie zu berücksichtigen“. Gemeinsam mit acht weiteren Mitgliedern der Eurozone setzt sich Italien für die Schaffung von EU-Corona-Anleihen ein, mit denen die Bekämpfung der Pandemie und ihrer Folgen finanziert werden soll – eine Maßnahme, die von den Niederlanden, Deutschland und Österreich abgelehnt wird. Die von ihnen favorisierte Lösung – der Einsatz des Euro-Rettungsschirms ESM
– wird wiederum von Italien abgelehnt, denn Rom befürchtet, dass die ESM-Mittel an harte Spar- und Reformauflagen geknüpft sein werden.
„Rücksichtslos“und „widerwärtig“
Rückendeckung erhielt Italien am Freitag vom portugiesischen Premier, Antonio Costa: Die Forderung nach einer Untersuchung der Haushaltspolitik der besonders betroffenen EU-Mitglieder sei „widerwärtig“und „rücksichtslos“, sagte Costa nach dem ergebnislosen EU-Gipfel. Auch das Europaparlament schaltete sich in die Debatte ein: Parlamentspräsident David Sassoli forderte von den Staats- und Regierungschefs „eine stärkere Übernahme von Verantwortung“ein. Sassoli sieht ebenfalls den Ausweg aus der Corona-Krise in einem „gemeinsamen Schuldeninstrument“.
Hintergrund der Kritik: Der niederländische Finanzminister Wopke Hoekstra soll die EU-Kommission aufgefordert haben zu untersuchen, warum manche EU-Mitglieder (sprich Italien) kein Geld haben, um die Folgen der Corona-Krise zu bekämpfen. Die Finanzminister der Eurozone werden laut Eurogruppenchef Mario´ Centeno kommende Woche weiterverhandeln. (ag./red.)