Die EZB reißt alle Finanzdämme gründlich ein
Die Corona-Krisenrettung wird immer mehr zum Drahtseilakt ohne Netz.
Ö sterreich hat sich am Donnerstag per Staatsanleihe 7,5 Mrd. Dollar geholt. Ohne Probleme: Investoren hätten gern 43 Mrd. Euro hergeborgt. Man habe, sagte die Bundesfinanzierungsagentur, ein „günstiges Zeitfenster“genutzt.
Das kann man wohl sagen: Investoren wissen ja seit Kurzem, dass man diese Anleihen, sollte es Probleme geben, umstandslos der EZB umhängen kann. Die hatte nämlich ein paar Stunden zuvor ihr „Pandemic Emergency Purchase Programme“(PEPP) auf den Weg gebracht. Und das reißt alle Finanzdämme ein.
Das Anleihen-Kaufvolumen der Euro-Notenbank steigt damit für dieses Jahr um 750 Mrd. auf 1100 Mrd. Euro. Vor allem aber werden alle Schranken gegen direkte Staatsfinanzierung abgebaut. Es gilt nicht mehr, dass die EZB maximal 33 Prozent der Anleihen eines Landes halten darf, es wird die Bestimmung abgeschafft, dass Staatsanleihen erst nach einer gewissen Zeit nach der Emission auf dem Sekundärmarkt aufgekauft werden dürfen, es dürfen künftig auch kurzlaufende Staatsanleihen erworben werden.
Kurz: Alles, was verhindern sollte, dass die EuroNotenbank extrem gefährliche direkte Staatsfinanzierung betreibt, gilt nicht mehr. Das mag kurzfristig notwendig sein, denn sehr tiefe Wirtschaftsschocks können bei zögerlichem Agieren unumkehrbar werden, wie die Dreißigerjahre gezeigt haben.
Im Verein mit den unglaublichen Billionensummen, die einzelne Staaten zur Krisenbewältigung aufbringen wollen, deutet das alles wohl darauf hin, dass die internationalen Entscheidungsträger einen sehr viel tieferen Absturz erwarten, als uns so manche peinliche aktuelle Konjunkturprognose weismachen will.
Es wird also alles verschossen, was man hat. Gut so. Aber: Was passiert mittelfristig, wenn sehr starke Geldmengenausweitung auf schrumpfende Warenproduktion trifft? Richtig: Wir werden uns nach der Krise intensiv mit dem I-Wort (I wie Inflation) befassen. Und damit vielleicht gleich ins nächste Desaster stolpern.