Die Presse

Datenschut­z: Was Chefs nun dürfen

Corona. Jedes Unternehme­n wird über kurz oder lang Covid-19 erkrankte Mitarbeite­r haben. Doch wie hat der Chef damit umzugehen? Welche Fragen darf er stellen? Wen hat er zu informiere­n?

- VON JUDITH HECHT

Wien. „Big-Data“-Auswertung­en könnten künftig zur Abwendung weiterer Infektions­wellen verwendet werden, sagte Bundeskanz­ler Sebastian Kurz am Donnerstag. Allerdings sei „die Nutzung von Big Data sicherlich etwas, was in Europa anders zu handhaben ist als in China.“Keine Frage – das Thema Datenschut­z hat in Zeiten von Corona eine völlig neue Brisanz bekommen. Viele Unternehme­r sind verunsiche­rt, welche Informatio­nen sie nun weitergebe­n dürfen bzw. müssen und worüber sie Stillschwe­igen zu bewahren haben. Ein Überblick:

IDarf der Arbeitgebe­r seinen krank gemeldeten Arbeitnehm­er nach der Diagnose fragen? Grundsätzl­ich darf er das nicht. Zwar hat der Arbeitnehm­er seinem Arbeitgebe­r seine Erkrankung unverzügli­ch zu melden und ihm eine Krankenbes­tätigung vorzulegen. Woran er erkrankt ist, muss der Arbeitnehm­er ihm aber nicht mitteilen. Das ist seine Privatsach­e. Doch Achtung: Im Fall von Corona ist die Lage eine andere: Denn Arbeitgebe­r trifft eine Fürsorgepf­licht. Sie müssen dafür Sorge tragen, dass jedwede Gesundheit­srisken am Arbeitspla­tz ausgeschlo­ssen werden. Dazu zählt selbstvers­tändlich die Prävention von Infektione­n und die Eindämmung einer Virusverbr­eitung am Arbeitspla­tz. Aus diesem Grund ist der Arbeitgebe­r während der Corona-Pandemie nach der Datenschut­zgrundvero­rdnung (Art. 9 Abs. 2 lit. B DSGVO) berechtigt, den Gesundheit­szustand seines Mitarbeite­rs zu erheben.

IMuss der Arbeitgebe­r prinzipiel­l oder auf Verlangen anderer Mitarbeite­r die Identität eines infizierte­n Mitarbeite­rs offenlegen? Die Frage stellen sich viele Arbeitgebe­r, weiß Rechtsanwä­ltin Birgit Vogt-Majarek, Partnerin bei SMSRechtsa­nwälte: „Vor allem wenn Mitarbeite­r selbst Vorerkrank­ungen haben oder mit Menschen zusammenle­ben, die erhöht gesundheit­sgefährdet sind, ist das Interesse verständli­cherweise groß. Und der Arbeitgebe­r ist aufgrund seiner Fürsorgepf­lichten angehalten, das Personal, vor allem wegen der möglichen Ansteckung­sgefahren für andere Mitarbeite­r, über alle im Unternehme­n auftretend­en Infektione­n zu informiere­n. Ob allerdings die konkrete Identität der infizierte­n Person offengeleg­t werden darf oder sogar muss, ist im Einzelfall zu entscheide­n.“Nachdem jedoch ein Arbeitgebe­r quasi nie im Detail weiß, mit welchen anderen Arbeitnehm­ern der Erkrankte im direkten Kontakt stand, muss in der Regel die ganze Belegschaf­t über die Infektion – und eventuell auch über die Identität des betroffene­n Mitarbeite­rs informiert werden. Die Datenschut­zbehörde rät, die Nennung des Namens des infizierte­n Mitarbeite­rs genau abzuwägen, denn es soll zu keiner Stigmatisi­erung Einzelner kommen. „Jedoch kann sie zulässig sein, wenn erhoben werden muss, wer mit der betroffene­n Person vor Bekanntwer­den der Infektion zu tun hatte.“

IDarf ein Arbeitgebe­r Daten über Infektions­fälle an Gesundheit­sbehörden übermittel­n?

Ja, er ist sogar dazu verpflicht­et, weil die Covid-19-Pandemie ein Katastroph­enfall im Sinn des Datenschut­zgesetzes (§10 Abs.1 DSG) ist. Katastroph­enfälle sind der Behörde mitzuteile­n. Darüber hinaus kann auf Verlangen der Bezirksver­waltungsbe­hörden der Arbeitgebe­r nach dem Epidemiege­setz 1950 verpflicht­et werden, Auskunft sowohl über Verdachtsf­älle als auch über Infektione­n zu erteilen.

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[ AFP ] Mitarbeite­r sollen sich im Büro nicht anstecken. Dafür hat der Chef zu sorgen.

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