Erste Exportstopps für Grundnahrungsmittel
Agrarmarkt. Handelsschranken in Asien lasten auf dem Agrarmarkt. Hamsterkäufe in vielen Ländern erschweren die Lage.
Berlin/Wien. Die rasante Ausbreitung des neuen Coronavirus über die ganze Welt setzt nun allmählich auch Teile der LebensmittelVersorgung unter Druck. Erste asiatische Länder nämlich verhängten Exportstopps für Grundnahrungsmittel wie Reis, während in Europa die Reisebeschränkungen für Erntehelfer Sorgen machen, wie die deutsche Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner am Donnerstag in Berlin sagte. Die Hamsterkäufe in vielen Ländern erschweren die Lage: In Großbritannien registrierte etwa die Handelskette Ocado am Dienstag eine zehnfach höhere Nachfrage als üblich. Das Land sei aber gut versorgt, sagte Ocado-Chef Stuart Rose der BBC.
Auf den weltweiten Agrarmärkten macht sich die angespannte Lage bereits bemerkbar. „Die Menschen werden nervös“, sagte Phin Ziebell, Agrarexperte der National Australia Bank. Neben Vietnam schränkt auch Indien die Reisexporte ein, da das Land praktisch unter Ausgangssperre steht. Der Preis für das Getreide stieg auf den höchsten Wert seit 2013. An der Börse in Chicago kostete etwa die Weizenlieferung rund zehn Prozent mehr als vor einer Woche. Händler betonten jedoch, auf der Welt würden mehr als ausreichend Grundnahrungsmittel produziert.
Problem Erntehelfer
Klöckner zeigte sich für die Versorgung etwa in Deutschland dennoch entspannt, da das Land seine Grundnahrungsmittel im Wesentlichen selbst produziere. Anders die Situation etwa im Irak – das Land ist auf der Suche nach einer Million Tonnen Weizen und 250.000 Tonnen Reis. Vietnam als drittgrößter Reisexporteur und Kasachstan als großer Weizenexporteur kündigten bereits Ausfuhrbeschränkungen für diese Waren an.
In Europa wiederum ist die Situation die, dass zwar grundsätzlich der Warenverkehr über Grenzen trotz Reiseverboten aufrechterhalten werden soll, es aber dennoch immer wieder zu Behinderungen kommt. So ist etwa der Einsatz osteuropäischer Lkw-Fahrer problematisch, da bei Rückreise häufig eine zweiwöchige Quarantäne droht. Erntehelfer dürfen ohnehin grundsätzlich nicht mehr einreisen.
„Die Personalsituation ist hier teilweise sehr angespannt“, sagte Klöckner nach einer Sitzung des Corona-Kabinetts. Stark betroffen seien Schlachthöfe und Molkereien, die auf Berufspendler aus Tschechien und Polen angewiesen seien. Man wolle jetzt Studierende zur Mitarbeit motivieren. Innenminister Horst Seehofer prüfe zudem, ob das Arbeitsverbot für Asylbewerber aufgehoben werden könne. „Es sind ungewöhnliche Zeiten, da sollte man auch solche Dinge regeln“, forderte die CDU-Politikerin.
Engpässe im Warenverkehr
Der deutsche Düngemittel- Produzent K+S etwa wurde nach eigenen Angaben von der Bundesregierung inzwischen als systemrelevant für die Lebensmittelversorgung anerkannt. Eine Schließung der Werke drohe daher bei einer weiteren Ausbreitung der Pandemie nicht, sagte ein Firmensprecher.
Deutschlands größter Agrarhändler, Baywa, macht sich dennoch Sorgen um den Nachschub an Dünger und Pflanzenschutzmitteln. Die Lieferketten nämlich seien „durchaus beeinträchtigt“, räumte Vorstandschef Klaus Josef Lutz ein. (Reuters/red.)