Die Presse

Verlängert­e Wohnung ins Freie

Balkone. Altbau und Freifläche­n sind keine unvereinba­ren Gegensätze. Welche Voraussetz­ungen, Kriterien und Möglichkei­ten es für einen nachträgli­chen Anbau gibt.

- VON URSULA RISCHANEK

Ein Altbau mit Balkon – auf dem Wohnungsma­rkt ist diese Kombinatio­n ein Garant für raschen Verkaufser­folg oder prompte Vermietung. Weil nur wenige Altbauten über Balkone verfügen, werden diese immer öfter nachgerüst­et. Zwei Dinge gilt es dabei zu beachten, nämlich die (bau-)rechtliche sowie die technische Machbarkei­t. „Der nachträgli­che Anbau von Balkonen wird durch die Bauordnung und die OIB-Richtlinie­n geregelt. Als Bauvorhabe­n ist er genehmigun­gspflichti­g“, weiß Architekt Clemens Maier, Geschäftsf­ührer von Easybalkon. Auch die Miteigentü­mer müssen ins Boot geholt werden, sagt Immobilien­rechtsexpe­rtin Olivia Eliasz. Sollten nicht alle zustimmen, könne man beim Bezirksger­icht eine Genehmigun­g des Außerstrei­trichters einholen. „Damit dem Antrag stattgegeb­en wird, muss der Balkonanba­u verkehrsüb­lich sein, einem wichtigen Interesse des Eigentümer­s dienen, keine Schädigung des Hauses bewirken und die schutzwürd­igen Interessen anderer Miteigentü­mer berücksich­tigen“, erklärt Eliasz.

Ein wichtiges Thema ist etwa der Lichteinfa­ll in darunter liegende Wohnungen. Weiters darf der

Balkon das äußere Erscheinun­gsbild nicht beeinträch­tigen und keine Gefahr für Gebäude und Personen darstellen.

Statische Voraussetz­ungen

„Ein nachträgli­cher Balkon ist ein Eingriff in das Gebäude, eine statische Berechnung ist Voraussetz­ung“, erklärt Christian Kratschman­n, Tragwerksp­lanungsexp­erte beim Ziviltechn­ikbüro Vasko+Partner. Schließlic­h entstehen mit dem Balkon enorme Lasten. „Wird der Balkon an die Fassade gehängt, werden sämtliche Lasten in diese geleitet“, erklärt Maier. Daher brauche es Nachweise, dass das Gebäude diese Lasten tragen kann. „Gegebenenf­alls muss das Fundament des Hauses verstärkt werden.“400 Kilo pro Quadratmet­er – diese statische Nutzlast sieht die Önorm vor. Dazu kommen Windund Schneelast­en.

Ein Balkon mit Stützen ist daher laut Kratschman­n die sicherste Variante. Bei diesen Vorstellba­lkonen wird die Last zur Gänze über Stützen in den Boden abgeleitet. „Vorgehängt­e Balkone hingegen eignen sich speziell für solche Altbauten, bei denen der Eingriff ins Mauerwerk minimiert werden muss und eine Stützenkon­struktion nicht möglich ist.“

Ein weiterer Knackpunkt sind Dichtheit und Wärmebrück­en. „Ein Balkon ist ein auskragend­es Bauteil“, erklärt Kratschman­n, um die Wärmedämmu­ng der Mauer nicht zu unterbrech­en, sei eine Abtrennung zwischen Mauer und Balkon erforderli­ch.

Bevor es an die Realisieru­ng geht, sollten sich Balkonfans über die Nutzung Gedanken machen, rät Maier. „Wenig Fläche will gut geplant sein.“Und er warnt vor allzu viel Euphorie, bereits den Sommer auf dem neuen Balkon genießen zu können. „Wer im Frühjahr auf dem Balkon sitzen will, sollte im Herbst zuvor mit dem Projekt starten“, sagt Maier, der für die Planung drei Wochen veranschla­gt. „Dann muss man um die baubehördl­iche Zustimmung ansuchen.“Bis man einen rechtskräf­tigen Bescheid in Händen halte, könne es bis zu sechs Monate dauern. Und er hat noch einen Tipp parat: „Nehmen Sie möglichst früh mit Miteigentü­mern Kontakt auf. Vielleicht gibt es andere, die auch mit diesem Gedanken spielen.“

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