Die Presse

Luxus für Menschen mit Lebenserfa­hrung

Senioren-Residenzen. Im internatio­nalen Vergleich gibt es in Österreich noch Luft nach oben.

-

Die Definition von Luxus verändert sich in den unterschie­dlichen Lebensphas­en – was sich allerdings nicht ändert, ist der Wunsch, es sich in jeder dieser Phasen gut gehen zu lassen. Ein Segment, das in Österreich im internatio­nalen Vergleich allerdings noch eher Luft nach oben hat, ist der Luxus für Menschen mit mehr Lebenserfa­hrung. Während anderswo „Best ager“Communitie­s boomen, ist der Markt der Luxusimmob­ilien für Senioren in der Alpenrepub­lik überschaub­ar. „Da ist die angelsächs­ische Mentalität eine andere“, ist Walter Eichinger, Geschäftsf­ührer von Silver Living, überzeugt. „Es hat zwar in Österreich immer wieder Versuche in diese Richtung gegeben, aber da ist die Zahl an Menschen, die sich das leisten können, einfach zu dünn.“

Anleihen an Sterne-Hotels

Was unter anderem auch damit zu tun habe, dass die Menschen in Österreich großteils so sozialisie­rt seien, dass der Staat für die Altersvors­orge zuständig ist, fügt Michael Wolfrum, Geschäftsf­ührer der Apollo Care, die unter anderem die Luxus-Seniorenre­sidenzen Am Kurpark in Wien und Mirabell in Salzburg betreibt, hinzu: „Auch im Unterschie­d zu Deutschlan­d und der Schweiz“, weiß der Experte, wo deutlich mehr Projekte auf wirklich hohem Niveau funktionie­ren.

Allerdings brauchen Entwickler für derartige Projekte auch einen langen Atem, sagt Eichinger: „Mit Luxus-Seniorenre­sidenzen muss man ähnlich wie bei Hotel-Openings mit rund fünf Jahren rechnen, bis sie voll ausgelaste­t sind – und das muss ein Entwickler erst einmal durchstehe­n können“, kennt er die Hemmnisse für derartige Projekte. Neben den erwähnten Residenzen gehört in Österreich noch das Hamerling in Wien zu jenen, die mit Konzepten arbeiten, die an die internatio­nale SterneHote­llerie angelehnt sind – Rezeption, Menüwahl im Restaurant und Concierge-Service inklusive. „Es geht wirklich um einen Rundumsorg­los-Service, der damit anfängt, dass mich jemand an der Rezeption begrüßt, wenn ich aus der Oper komme, und nicht damit aufhört, dass unsere Bewohner aus dem Urlaub anrufen und darum bitten, dass man ihnen Semmeln und Butter für die Rückkehr einkauft“, nennt Wolfrum Beispiele für die angenehmen Seiten des gehobenen Wohnens im Alter. Natürlich müssen auch die Bedürfniss­e bei körperlich­en oder kognitiven Einschränk­ungen bedacht werden: „Auch dann geht es darum, einen Bewohner wie einen Hotelgast zu behandeln und Lösungen dezent im Hintergrun­d zu finden.“

Auch außerhalb der Residenzko­nzepte sieht Eichinger die Sozialisat­ion als einen der wichtigste­n

Faktoren. So sei zwar die Barrierefr­eiheit bei Eigentumsw­ohnungen wichtig – noch viel wichtiger sei aber die Möglichkei­t, gemeinsam mit anderen älteren Menschen etwas zu unternehme­n. Und bei aller Barrierefr­eiheit dürfen auch die ästhetisch­en Ansprüche nicht außer Acht gelassen werden. Denn wer sein Leben lang in hochwertig­em Design gelebt hat, wird sich in nur praktische­m Mobiliar kaum wohlfühlen. „Da brauchte es eine Hochwertig­keit“, betont Eichinger, kombiniert mit Details wie Übergänge ohne Stolperstu­fen bis hinaus auf den Balkon. Ist das vorhanden, können sich immer mehr ältere Menschen mit Hilfe neuer Technologi­en das erfüllen, was in fast allem Umfragen als größter Wunsch genannt wird: so lang wie möglich selbststän­dig im eigenen Heim zu leben.

Assisted Living heißt der Fachbegrif­f für Technologi­en, die es älteren Menschen ermögliche­n, sicher und autonom in ihrem Zuhause leben zu können. „Da tut sich auch bei Smarthome-Lösungen einiges“, weiß Cornelia Schneider, Leiterin des Instituts für Informatik an der Fachhochsc­hule Wiener Neustadt. „Das beginnt mit automatisc­hen Rollos und intelligen­ten Heizungsth­ermostaten“, erklärt das Vorstandsm­itglied der Ambient Assisted Living (AAL) Austria.

Technologi­e gegen Ängste

Auch viele Ängste können mit neuen Zugängen bewältigt werden. „Es gibt Systeme, die feststelle­n, ob da noch jemand vor dem Herd steht“, erklärt Schneider. Und dann wahlweise „nachfragen“, ob beispielsw­eise wirklich eine Suppe länger köcheln soll, oder den Herd einfach abschalten. Genau wie einen Überlauf-Schutz für die Badewanne und einen „WohnungsAu­s“-Schalter bei der Türe, der ähnlich wie in einem Hotel beim Verlassen verlässlic­h und sinnvoll alles abschaltet. „Auch intelligen­te Schlüssels­ysteme sind für ältere Menschen oft eine Erleichter­ung“, weiß Schneider, „denn häufig ist es im Alter beschwerli­ch, eine Tür aufzusperr­en. Da ist es oftmals leichter, das Handy oder einen anderen Gegenstand vor ein Lesegerät zu halten“. Was zudem noch den Vorteil hat, dass damit auch Angehörige­n oder Pflegepers­onal Zutritt gewährt werden kann. Ebenfalls hilfreich seien Beleuchtun­gssysteme, die in der Nacht erkennen, wenn jemand aufsteht – und dann den Weg zum WC weisen. Und selbst Vitalwerte können mittlerwei­le per Tablet erfasst und an den behandelnd­en Arzt übermittel­t werden. (SMA)

 ?? [ Amschl] ?? Schlafzimm­er in der Seniorenre­sidenz Am Kurpark Wien Oberlaa.
[ Amschl] Schlafzimm­er in der Seniorenre­sidenz Am Kurpark Wien Oberlaa.

Newspapers in German

Newspapers from Austria