„Gewohnt wird auch in Krisenzeiten“
Wiener Zinshausmarkt. Trotz Corona-Epidemie sind die Experten weiterhin positiv gestimmt. Die jüngsten Zahlen geben ihnen recht, das Angebot wird allerdings immer knapper.
Angesichts der aktuellen Turbulenzen auf den Finanzmärkten im Zuge der Corona-Krise dürfen sich Anleger, die sich in den letzten Jahren für Sicherheit statt Profit entschieden haben, selbst gratulieren. Eines jener Segmente, die in der aktuellen Situation wie ein Fels in der Brandung herausragen, ist der Zinshausmarkt. Während Experten davon überzeugt sind, dass die Corona-Krise an gewerblichen Bereichen wie Retail oder Hotels ihre Spuren hinterlassen wird, ist man für den Zinshausmarkt weiterhin zuversichtlich: „Gewohnt wird auch in Krisenzeiten. Der Markt ist gesund und bisher virenresistent“, sagt etwa Eugen Otto.
Neuer Rekordwert
Der Eigentümer des gleichnamigen Immobilienunternehmens kann sich bei seiner Einschätzung auf eine aktuelle Analyse stützen, die seine Research-Abteilung gemeinsam mit dem internationalen Immobilien-Consulter Knight Frank zum Wiener Zinshausmarkt erstellt hat. So wurde 2019 einmal mehr die Milliardengrenze geknackt, „mit einem Umsatz von 1,58 Milliarden Euro verzeichnen wir den höchsten Wert der letzten zehn Jahre“, betont Otto. Für ihn ein Indiz dafür, „dass Wien mit seinen schönen Gründerzeit-Zinshäusern und seinen Wohnimmobilien generell zu den attraktivsten Standorten und sichersten Häfen weltweit zählt.“
Laut Analyse wissen das vor allem gewerbliche Unternehmen zu schätzen, die im Vorjahr bei knapp 81 Prozent aller Käufe in Erscheinung traten, während auf der Verkäuferseite Private mit rund 50 Prozent stark vertreten waren. Vom starken Interesse am meisten profitieren konnten der zweite und der vierte Bezirk, in denen Volumina von 200 Millionen beziehungsweise 87 Millionen Euro erzielt werden konnten. In einigen Gegenden kam es allerdings auch zu leichten Rückgängen – davon betroffen waren der erste, dritte und sechste Bezirk. Bei der Transaktionszahl verzeichneten der vierte Bezirk und der siebte die höchsten Zuwächse. Erstere beliefen sich auf 125 Prozent, letztere sogar auf 268 Prozent.
Gleichzeitig wird das Angebot immer knapper. Laut Otto-Analyse gibt es derzeit in Wien noch rund 13.900 klassische GründerzeitZinshäuser. Das entspricht einem Rückgang des Bestandes von mehr als zwölf Prozent innerhalb von zehn Jahren. „Als Hauptgrund ist hier wohl die Begründung von Wohnungseigentum zu nennen“, sagt Eugen Otto. Abgerissen werde hingegen kaum etwas, was auf die hervorragende Substanz dieser Bauten hindeute. Diese Entwicklung treibt selbstredend auch die Preise: „Die niedrigsten Einstiegspreise sind zwar weiterhin außerhalb des Gürtels zu finden, aber mittlerweile wird kein Wiener Gründerzeit-Zinshaus in einem durchschnittlichen Zustand unter 1770 Euro pro Quadratmeter mehr verkauft“, berichtet Richard Buxbaum, Leiter der Abteilung für am Zinshausmarkt stieg 2019 nach den Berechnungen der Hudej Zinshaus Group um 3,9 Prozent auf rund drei Mrd. Euro. Die Transaktionen stiegen um 11,6 Prozent auf 1169 Objekte. wechselten 516 Liegenschaften ihre Besitzer, das bedeutet ein Minus von 8,2 Prozent. Das Marktvolumen entsprach mit 2,23 Mrd. Euro dem Wert von 2018. Bei den Wiener Gründerzeithäusern wurden nach Otto Immobilien 1,58 Mrd. Euro umgesetzt, ein neuer Rekord.
Wohnimmobilien und Zinshäuser bei Otto Immobilien.
Renditen fallen weiter
Ein etwas breiteres Bild ergibt sich aus der Jahresbilanz von Hudej. Der Zinshausspezialist hat in seiner aktuellen Analyse nicht nur die Gründerzeitbauten im Blick, sondern zusätzlich den breiteren Markt. Demnach haben im Vorjahr in Wien 516 Liegenschaften im Wert von 2,23 Milliarden Euro den Besitzer gewechselt, was bei den Transaktionen im Vergleich zu 2018 (562 Transaktionen) ein Minus von 8,2 Prozent bedeutet. Dass das Volumen trotzdem leicht zulegen konnte (2018: 22,2 Mrd. Euro), führt Gerhard Hudej, Geschäftsführer der Hudej Zinshäuser Gruppe, auf die gestiegenen Preise zurück: „In Wien haben wir die ungewöhnliche Situation, dass die Preise steigen, obwohl die Transaktionsanzahl zurückgeht. Das liegt daran, dass manche – vor allem private – Eigentümer nur dann zum Verkauf bereit sind, wenn sie einen sehr hohen Preis erzielen.“
Die steigenden Preise wiederum drücken die Renditen. Hudej beziffert sie in guten Lagen derzeit mit rund zwei Prozent, für Otto Immobilien sind zumindest in einigen Außenbezirken noch drei Prozent, gelegentlich auch etwas darüber erzielbar. „Das ist von allen Bundesländern der niedrigste Wert“, erläutert Hudej. Doch auf die würden die Investoren sowieso nicht in erster Linie schauen, heißt es unisono aus den beiden Unternehmen: „Es ist viel Geld da, die Zinsen bleiben extrem niedrig, und es gibt kaum Alternativen. Das Zinshaus bietet eine Kombination aus hoher Sicherheit und akzeptabler Rendite, die man sonst nirgends findet“, gibt sich Hudej überzeugt.
Prognosen positiv
Daran würde auch die Coronavirus-Epidemie nichts ändern, im Gegenteil: „Wenn sie einmal vorbei ist, ist sogar mit noch höherer Nachfrage und entsprechend stark steigenden Preisen am Immobilienmarkt im Allgemeinen und bei Zinshäusern im Speziellen zu rechnen.“In eine ganz ähnliche Richtung stößt Michael Schmidt, Geschäftsführer der 3SI Immogroup. Zwar sei es zum jetzigen Zeitpunkt zwar fast unmöglich, eine seriöse Prognose abzugeben, meint er, „aber gerade im Zinshausbereich wird man sich keine großen Sorgen machen müssen. Wir gehen davon aus, dass sich Anleger – nachdem der erste Schock verdaut ist – verstärkt wieder Immobilien zuwenden werden.“
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