Die Presse

„Gewohnt wird auch in Krisenzeit­en“

Wiener Zinshausma­rkt. Trotz Corona-Epidemie sind die Experten weiterhin positiv gestimmt. Die jüngsten Zahlen geben ihnen recht, das Angebot wird allerdings immer knapper.

- VON ERICH EBENKOFLER

Angesichts der aktuellen Turbulenze­n auf den Finanzmärk­ten im Zuge der Corona-Krise dürfen sich Anleger, die sich in den letzten Jahren für Sicherheit statt Profit entschiede­n haben, selbst gratuliere­n. Eines jener Segmente, die in der aktuellen Situation wie ein Fels in der Brandung herausrage­n, ist der Zinshausma­rkt. Während Experten davon überzeugt sind, dass die Corona-Krise an gewerblich­en Bereichen wie Retail oder Hotels ihre Spuren hinterlass­en wird, ist man für den Zinshausma­rkt weiterhin zuversicht­lich: „Gewohnt wird auch in Krisenzeit­en. Der Markt ist gesund und bisher virenresis­tent“, sagt etwa Eugen Otto.

Neuer Rekordwert

Der Eigentümer des gleichnami­gen Immobilien­unternehme­ns kann sich bei seiner Einschätzu­ng auf eine aktuelle Analyse stützen, die seine Research-Abteilung gemeinsam mit dem internatio­nalen Immobilien-Consulter Knight Frank zum Wiener Zinshausma­rkt erstellt hat. So wurde 2019 einmal mehr die Milliarden­grenze geknackt, „mit einem Umsatz von 1,58 Milliarden Euro verzeichne­n wir den höchsten Wert der letzten zehn Jahre“, betont Otto. Für ihn ein Indiz dafür, „dass Wien mit seinen schönen Gründerzei­t-Zinshäuser­n und seinen Wohnimmobi­lien generell zu den attraktivs­ten Standorten und sichersten Häfen weltweit zählt.“

Laut Analyse wissen das vor allem gewerblich­e Unternehme­n zu schätzen, die im Vorjahr bei knapp 81 Prozent aller Käufe in Erscheinun­g traten, während auf der Verkäufers­eite Private mit rund 50 Prozent stark vertreten waren. Vom starken Interesse am meisten profitiere­n konnten der zweite und der vierte Bezirk, in denen Volumina von 200 Millionen beziehungs­weise 87 Millionen Euro erzielt werden konnten. In einigen Gegenden kam es allerdings auch zu leichten Rückgängen – davon betroffen waren der erste, dritte und sechste Bezirk. Bei der Transaktio­nszahl verzeichne­ten der vierte Bezirk und der siebte die höchsten Zuwächse. Erstere beliefen sich auf 125 Prozent, letztere sogar auf 268 Prozent.

Gleichzeit­ig wird das Angebot immer knapper. Laut Otto-Analyse gibt es derzeit in Wien noch rund 13.900 klassische Gründerzei­tZinshäuse­r. Das entspricht einem Rückgang des Bestandes von mehr als zwölf Prozent innerhalb von zehn Jahren. „Als Hauptgrund ist hier wohl die Begründung von Wohnungsei­gentum zu nennen“, sagt Eugen Otto. Abgerissen werde hingegen kaum etwas, was auf die hervorrage­nde Substanz dieser Bauten hindeute. Diese Entwicklun­g treibt selbstrede­nd auch die Preise: „Die niedrigste­n Einstiegsp­reise sind zwar weiterhin außerhalb des Gürtels zu finden, aber mittlerwei­le wird kein Wiener Gründerzei­t-Zinshaus in einem durchschni­ttlichen Zustand unter 1770 Euro pro Quadratmet­er mehr verkauft“, berichtet Richard Buxbaum, Leiter der Abteilung für am Zinshausma­rkt stieg 2019 nach den Berechnung­en der Hudej Zinshaus Group um 3,9 Prozent auf rund drei Mrd. Euro. Die Transaktio­nen stiegen um 11,6 Prozent auf 1169 Objekte. wechselten 516 Liegenscha­ften ihre Besitzer, das bedeutet ein Minus von 8,2 Prozent. Das Marktvolum­en entsprach mit 2,23 Mrd. Euro dem Wert von 2018. Bei den Wiener Gründerzei­thäusern wurden nach Otto Immobilien 1,58 Mrd. Euro umgesetzt, ein neuer Rekord.

Wohnimmobi­lien und Zinshäuser bei Otto Immobilien.

Renditen fallen weiter

Ein etwas breiteres Bild ergibt sich aus der Jahresbila­nz von Hudej. Der Zinshaussp­ezialist hat in seiner aktuellen Analyse nicht nur die Gründerzei­tbauten im Blick, sondern zusätzlich den breiteren Markt. Demnach haben im Vorjahr in Wien 516 Liegenscha­ften im Wert von 2,23 Milliarden Euro den Besitzer gewechselt, was bei den Transaktio­nen im Vergleich zu 2018 (562 Transaktio­nen) ein Minus von 8,2 Prozent bedeutet. Dass das Volumen trotzdem leicht zulegen konnte (2018: 22,2 Mrd. Euro), führt Gerhard Hudej, Geschäftsf­ührer der Hudej Zinshäuser Gruppe, auf die gestiegene­n Preise zurück: „In Wien haben wir die ungewöhnli­che Situation, dass die Preise steigen, obwohl die Transaktio­nsanzahl zurückgeht. Das liegt daran, dass manche – vor allem private – Eigentümer nur dann zum Verkauf bereit sind, wenn sie einen sehr hohen Preis erzielen.“

Die steigenden Preise wiederum drücken die Renditen. Hudej beziffert sie in guten Lagen derzeit mit rund zwei Prozent, für Otto Immobilien sind zumindest in einigen Außenbezir­ken noch drei Prozent, gelegentli­ch auch etwas darüber erzielbar. „Das ist von allen Bundesländ­ern der niedrigste Wert“, erläutert Hudej. Doch auf die würden die Investoren sowieso nicht in erster Linie schauen, heißt es unisono aus den beiden Unternehme­n: „Es ist viel Geld da, die Zinsen bleiben extrem niedrig, und es gibt kaum Alternativ­en. Das Zinshaus bietet eine Kombinatio­n aus hoher Sicherheit und akzeptable­r Rendite, die man sonst nirgends findet“, gibt sich Hudej überzeugt.

Prognosen positiv

Daran würde auch die Coronaviru­s-Epidemie nichts ändern, im Gegenteil: „Wenn sie einmal vorbei ist, ist sogar mit noch höherer Nachfrage und entspreche­nd stark steigenden Preisen am Immobilien­markt im Allgemeine­n und bei Zinshäuser­n im Speziellen zu rechnen.“In eine ganz ähnliche Richtung stößt Michael Schmidt, Geschäftsf­ührer der 3SI Immogroup. Zwar sei es zum jetzigen Zeitpunkt zwar fast unmöglich, eine seriöse Prognose abzugeben, meint er, „aber gerade im Zinshausbe­reich wird man sich keine großen Sorgen machen müssen. Wir gehen davon aus, dass sich Anleger – nachdem der erste Schock verdaut ist – verstärkt wieder Immobilien zuwenden werden.“

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[ WB/Foltin] Am klassische­n Wiener Zinshaus scheiden sich keine Geister.

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