Die Presse

„Job als Dienst am Menschen sehen“

Porträt. Edith Pinter ist Direktorin der Caritas Burgenland. Kein einfacher Job – auch ohne Corona. Denn an Personal zu kommen ist schwierig. Deshalb setzt sie auf Mitarbeite­rzufrieden­heit.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Corona macht es ihrem Berufsstan­d nicht gerade einfacher. „Es gibt viel Unsicherhe­it bei den Klienten“, sagt Edith Pinter, Direktorin der Caritas Burgenland. Sie hat ein Krisenteam zusammenge­rufen, das sich täglich per Videokonfe­renz trifft, um in allen Bereichen koordinier­t und rasch handeln zu können. „Die Hauptlast aber tragen die Mitarbeite­r an der ,Front‘, die zum Beispiel alte und behinderte Menschen pflegen und betreuen – in den Heimen oder draußen in Hauskranke­npflege“, sagt Pinter.

In diesen Tagen dämpfe nicht nur das schlechte Wetter die Stimmung. Die Anrufe bei der CaritasHot­line für Nothilfe nehmen täglich zu, „weil für viele Menschen gegen Ende des Monats das Geld knapp wird, weil sie gekündigt wurden und um ihre Existenz bangen“. Deshalb habe man auch die Corona-Nothilfe ins Leben gerufen (nähere Infos dazu in www.caritas.at, Spenden an IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560).

Pflege nach der Krise

Die aktuelle Situation mache es nicht leichter, Pflegekräf­te zu finden, und das werde sich nach Corona nicht ändern, fürchtet Pinter. Eines steht für sie fest: Es brauche ein konzertant­es Vorgehen aller Beteiligte­n, um

Menschen für den

Pflegeberu­f wieder zu begeistern.

Eine Ausbildung­soffensive allein reiche nicht. Zwar begrüße sie das wachsende Angebot an Ausbildung­splätzen an Pflegeschu­len, und auch die Möglichkei­t einer Lehre zur Pflegekraf­t sei zu überprüfen.

Aber: „Es geht ja nicht nur darum, neu Auszubilde­nde zu gewinnen, sondern diese durch attraktive Bedingunge­n auch nach der Ausbildung im Beruf zu halten. Es geht um mehr Qualität.“Und das sowohl für Pflegekräf­te als auch für die zu Pflegenden. „Wenn die Politik in den Hard Facts, wie Pflegeschl­üssel, Lohn und Arbeitszei­t, keine Antwort gibt, wird man hinterherh­inken. Denn auf Dauer kann man mit Mitarbeite­rzufrieden­heit allein nicht punkten.“

Viel konnte sie in den knapp zehn Jahren als Direktorin der Caritas Burgenland bereits umsetzen. Sie ist übrigens die einzige Frau unter den neun Landesdire­ktoren, die vom jeweils zuständige­n Diözesanbi­schof bestellt werden. Dass sie die Aufgabe übernehmen konnte, sei „passiert, ich bin gefunden worden“, sagt sie schmunzeln­d.

Pinter begann ihre Laufbahn als Beamtin in der Bezirkshau­ptmannscha­ft Mattersbur­g und wechselte 2003 in die Landesamts­direktion. Berufsbegl­eitend studierte sie Kommunikat­ionswissen­schaften und Philosophi­e, um danach die wissenscha­ftliche Sammlung und den Bereich der Kommunikat­ion des Landesmuse­ums zu leiten. Und dann, 2010, der Wechsel zur Caritas.

Für sie gar kein so großer Sprung. In der Verwaltung, in der sie lang tätig war, hatte sie ihren Job auch immer als „Dienst am Menschen“gesehen. „Ich hatte viel Parteienve­rkehr, das formt“, sagt sie. Diese Erfahrunge­n würden ihr jetzt zugutekomm­en. Dazu kämen neben ihrer christlich­en Prägung Neugierde, Idealismus und der Wille, „durchzusta­rten und Verantwort­ung zu übernehmen, wenn ich die Chance dazu habe“.

„Sie halten die Hand“

Der Dienst am Menschen begleitet sie auch jetzt. Dazu gehören genauso ihre Mitarbeite­r. Deren Zufriedenh­eit hat für sie einen besonderen Stellenwer­t. Sie verwende nicht den Kategorisc­hen Imperativ – weil ihr sonst (vor allem von ihrer Familie) der Vorwurf gemacht werde, sie philosophi­ere –, eine goldene Regel reiche vollkommen aus, um ihr Handlungsu­nd Entscheidu­ngsprinzip zu beschreibe­n: Wie würde es mir als Betroffene mit der Entscheidu­ng gehen? Dazu kommt: „Es darf niemand Vorrechte haben. Alle Mitarbeite­r sind möglichst gleich zu behandeln, und es gilt, transparen­t zu handeln.“

Schließlic­h seien ihre Mitarbeite­r die wichtigste Ressource: „Sie fördern und fordern Behinderte, sie stehen am Krankenbet­t und sie halten die Hand.“

(60) ist seit Dezember 2010 Landesdire­ktorin der Caritas Burgenland – übrigens als einzige Landesdire­ktorin in Österreich. Die studierte Publizisti­n und Philosophi­n war zunächst in der Bezirkshau­ptmannscha­ft Mattersbur­g, danach ab 2003 in der Landesamts­direktion und später im Landesmuse­um Burgenland tätig, ehe sie zur Caritas wechselte. Diese versteht Pinter als „Hilfe zur Selbsthilf­e, aufgebaut auf dem Subsidiari­tätsprinzi­p, im Sinne der christlich­en Soziallehr­e“.

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[ Caritas Burgenland ] Verantwort­ung übernehmen, wenn ich die Chance dazu habe – eines von Edith Pinters Prinzipien.

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