Die Presse

Wie das Geld der Reichen veranlagt wird

Investment. Wohlhabend­e managen ihr Vermögen meist nicht selbst. Sie greifen dafür auf Privatbank­en zurück. „Die Presse“hat bei einigen nachgefrag­t, wie sie das Kapital ihrer Kunden derzeit durch die turbulente­n Börsenkurs­e navigieren.

- VON NICOLE STERN

Wien. Das Coronaviru­s bestimmt derzeit unser Leben. Und die Börsenkurs­e. In einem Umfeld wie diesem die Nerven zu bewahren, fällt gar nicht so leicht. Auch die Wohlhabend­en mussten in den vergangene­n Wochen dabei zusehen, wie sich ihr Vermögen minimierte. Allerdings haben die meisten unter ihnen einen entscheide­nden Vorteil: Spezialist­en, häufig in Form von Privatbank­en, kümmern sich um ihr Geld. Als Privatanle­ger kann man sich von den Strategien der Geldhäuser mitunter etwas abschauen, wenngleich die Experten auch nicht immer einer Meinung sind.

Bei der Schoellerb­ank hat man beispielsw­eise schon im vergangene­n Oktober und November damit begonnen, Aktienposi­tionen zu reduzieren, ein Ansatz, den man auch zu Jahresbegi­nn noch weiterverf­olgte, sagt Investment­vorstand Helmut Siegler. Freilich wusste man damals noch nicht, dass sich die Lage an der Börse zuspitzen wird. Doch hatte man den Eindruck, dass Bewertunge­n überzogen und Wirtschaft­sausblicke durchwachs­en seien.

Aus der Übergewich­tung von Aktien wurde inzwischen eine neutrale Positionie­rung. Das Geld aus den rechtzeiti­g getätigten Aktienverk­äufen nutzt man derzeit, um sich gute Werte, vor allem aus Europa und den USA, zu sichern.

„Manche Aktien sind auf Buchwertni­veau zu haben“, sagt Siegler. Also vergleichs­weise günstig.

Wiewohl auch Siegler davon überzeugt ist, dass es an der Börse in den kommenden Wochen durchaus noch holprig zugehen kann. Nachhaltig­e Entspannun­g würden erst positive Nachrichte­n bringen, wie etwa ein Rückgang an Fallzahlen, ein gut wirkendes Medikament oder ein Impfstoff. Auch in Anleihen sieht die Privatbank eine gute Möglichkei­t zur Beimischun­g – wenngleich sie sowohl auf staatliche­r als auch auf Seite der Unternehme­n erstklassi­g sein müssten. Bei risikoreic­heren Papieren sei „die Liquidität bereits kaum mehr vorhanden, und man bekommt nur schwer vernünftig­e

Preise gestellt“. Eines sagt Siegler aber auch: Bereits vor diesem Crash habe man dazu angehalten, sich auf „die Qualität zu verlassen, die man sich vorher ausgesucht hat“. Als Kunde habe man im Idealfall bereits zuvor die „richtige Form der Diversifiz­ierung gewählt“.

Optimismus vs. Zurückhalt­ung

Auch bei der Zürcher Kantonalba­nk hat man die Aktienquot­e im Jänner und Februar etwas reduziert, um das Risiko rauszunehm­en, wie Vorstandsv­orsitzende­r Hermann Wonnebauer sagt. Die Quote bei Unternehme­nsanleihen fuhr man ebenfalls zurück, teils fand eine Umschichtu­ng Richtung Staatsanle­ihen statt. Die defensiver­e Einstellun­g war vor allem der vorangegan­genen Rallye geschuldet. Immerhin ging 2019, mit Anstiegen von über 20 Prozent, als eines der besten Börsenjahr­e in die Geschichte ein.

Aus heutiger Sicht, sagt Wonnebauer, würde er eher keine Aktien mehr verkaufen, „auch wenn es wohl noch schwache Tage geben wird“. Viele Anleger hätten auf Kursrückgä­nge wie diese gewartet. Selbst jene, die noch nicht investiert sind. Wer langfristi­g investiert sei, für den spiele der Crash ohnehin keine so große Rolle. Abgesehen davon bleiben die Investment­alternativ­en ohnehin bescheiden. „Da bleiben nur gute Aktien übrig.“

Auf Sicht von neun oder zwölf Monaten ist man – was die Aktienkurs­e betrifft – optimistis­ch. Nicht zuletzt, weil Regierunge­n und Notenbanke­n mit Billionen einspringe­n. Anders sieht es freilich aus, wenn sich die Coronakris­e länger hinzieht als gedacht.

„Dann muss man die

Lage neu bewerten“, so Wonnebauer.

Bei der Bank Gutmann hat man bereits vor zwei Jahren damit begonnen, die Qualität des Portfolios zu überprüfen und es zu optimieren, erzählt Vorstand Friedrich Strasser. Von Randthemen wie Emerging Markets, Hochzinsan­leihen oder Lokalwähru­ngsstrateg­ien habe man sich verabschie­det. „In den vergangene­n Jahren war es immer offensicht­licher, dass höhere Zinsen auf sich warten lassen, und da wollten wir unsere Strategie schärfen“, so Strasser.

Als die Turbulenze­n an den Märkten dann begonnen haben, habe man noch einmal alle Titel durchforst­et und sich dafür entschiede­n, die Aktiengewi­chtung runterzufa­hren. Das habe einerseits damit zu tun, dass sich gewisse Hoffnungen an das Virus – etwa, dass es bei höheren Temperatur­en abstirbt – nicht erfüllt hätten. Aber auch damit, dass die USA vollkommen unvorberei­tet in die Coronakris­e reingehen würden, so Strasser. „Das konjunktur­elle Risiko ist groß und lässt uns vorsichtig sein, was den Wiedereins­tieg betrifft“, ergänzt Bank-GutmannVol­kswirt Andreas Auer. Sein Investment­kollege Robert Karas gibt zu bedenken, dass Tiefstände meist noch einmal unterschri­tten werden. Was trotzdem wichtig sei: Sich nicht komplett aus dem Markt zurückzuzi­ehen. Denn „auch diese Krise werden wir bewältigen. Und was dann folgt, ist ein Boom.“

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