Das Gratzel-Amazon
Das Landkind am Schwendermarkt liefert Wein und Wurst, Essen und Jungpflanzen. Und nimmt die Sachen anderer kleiner Händler gleich mit.
igentlich lebt das Landkind ja davon, dass es ein Ort ist, an dem die Leute zusammenkommen, an dem sie eine Kleinigkeit essen, einen Kaffee trinken, an dem sie etwas erleben – und wo sie auch etwas einkaufen können: Speck von kleinen Bauern zum Beispiel, ausgesuchte Weine, frisches Gemüse oder Samen und Jungpflanzen für den Balkon. Das mit dem Treffpunkt ist mit Corona vorerst Geschichte. Pflanzen, Lebensmittel oder Wein kann man sich am Schwendermarkt aber trotzdem besorgen. Oder gleich per Lastenrad nach Hause gebracht bekommen.
„Wir haben gesehen: Wenn wir die Türen offen lassen, kommen massenhaft Leute. Und das können wir nicht verantworten“, sagt Stefan Rom (37), der das Landkind gemeinsam mit den Geschwistern Nina (34) und Benedikt Strasser (31) betreibt. Seitdem können Kunden nur noch bis zwei Meter vors Geschäft kommen, drinnen wird ihr Einkauf zusammengestellt. „Und dann gibt es eine Art Coronatanz“, sagt Rom. Ganz und gar kontaktlos eben.
Für all jene, die nicht zum Geschäft kommen wollen, haben die Landkind-Betreiber sich aber nun auch einen Lieferservice überlegt: Den Onlineshop, der ursprünglich für Weihnachtsgeschenkkörbe und Ähnliches gedacht war, bauen sie seit inzwischen zwei Wochen kontinuierlich aus.
Es gibt dort etwa Gemüse, den aktuellen Tagesteller oder unterschiedlichste Samen von Reinsaat. „Wir haben noch immer nicht alles online“, sagt Nina Strasser. „Wir sind im Laden, dann gehen wir nach Hause, und dann arbeiten wir weiter am Onlineshop.“
Dabei geht es nicht nur darum, das aktuelle Sortiment hineinzuklopfen – sondern auch um die neuen Sachen, die ständig mehr werden: „Wo Bedarf ist, versuchen wir, Angebote zu schaffen“, sagt Rom. Etwa Do-it-yourself-Packerln: So gibt es ein Suppenpaket mit allen Zutaten, bald soll es ein Sauerteigbrotpaket geben, mit Mehl, Brotgewürz und einem Sauerteigansatz der benachbarten Biobäckerei Schrott. Das Brot der Bäckerei hat das Landkind inzwischen ebenso ins Sortiment aufgenommen.
Und das ist nicht das Einzige, was Benedikt Strasser mit dem Lastenrad ausliefert. Täglich im 15. Bezirk – wer bis elf Uhr bestellt, bekommt die meisten Produkte so wie auch den Tagesteller noch am selben Tag (siehe Factbox) –, ein- bis zweimal wöchentlich in die umliegenden Bezirke. „Wir haben auch angefangen, Waren von anderen Shops in der Gegend mitzunehmen, wenn wir Bestellungen haben“, sagt Nina Strasser. Bücher vom Buchcafe´ Melange, Kaffee von Gota Coffee Experts oder Handgemachtes von Metaware kommen mit auf’s Fahrrad.
Gemeinsam schaffen
„Wir versuchen so etwas wie ein Grätzel-Amazon zu sein für alles, das es hier gibt: Gemmazone sagen wir eigentlich“, so Nina Strasser. „Das entsteht auch gerade als Logo.“
Auch das Fahrrad selbst, mit dem die Produkte von Landkind (und von den anderen Kleinunternehmen) ausgeliefert werden, ist eine Grätzelkooperation: Es kommt vom Fahrradgeschäft Popsykkel. „Wir tauschen quasi: Wir geben ihnen Essen, und sie borgen uns das Fahrrad zum Liefern.“
Der Grätzelzusammenhalt ist den Landkind-Betreibern – die ihr Geschäft hier am Schwendermarkt vor rund dreieinhalb Jahren eröffnet haben – wichtig. „Unser Grätzel ist für uns so etwas Besonderes“, sagt Stefan Rom. „Wir sind echt eng vernetzt, wir machen viele gemeinsame Aktivitäten, auch mit den anderen Leuten, die kleine Unternehmen hier haben. So können wir vielleicht dorthin kommen, dass wir alle es durch diese Zeit schaffen. Die haben es ja großteils noch schwerer als wir, wir können als Lebensmittelhandel ja offen haben.“
Eine gute Flasche Wein
Am meisten bestellt wurden bei ihnen in der jüngsten Vergangenheit viele Basics: Käse, Brot, Eier, Milch, Joghurt – alles von ausgesuchten Produzenten. Auch viel Gemüse – etwa der gemischte Gemüsesack. „Und Wein“, sagt Nina Strasser. „Wir werden sehr stark als Weinhändler in Anspruch genommen. Schon bevor wir das Geschäft so eingeschränkt haben, wie es jetzt ist, haben alle Alkohol gekauft. Alle sind jetzt zu Hause und wollen sich offenbar eine gute Flasche Wein gönnen.“