Die Presse

Es wird auch ein Stresstest für unsere Spitäler

Wer glaubt, Zustände wie in Italien wird es hierzuland­e nicht geben, irrt. Auch unser Spitalswes­en könnte an seine Grenzen kommen.

- VON ULRICH H. J. KÖRTNER

Die Bilder aus Italien und Spanien lösen Entsetzen aus: Ärzte und Pflegekräf­te am Rande der Erschöpfun­g, die ihre Patienten nur noch mit Mühe versorgen können, völlig überlastet­e Intensivst­ationen, in denen es an Betten für die weit steigende Zahl an Coronapati­enten mangelt, Militärkon­vois, die Leichen abtranspor­tieren, für die es in den örtlichen Krematorie­n keinen Platz mehr gibt, sich selbst überlassen­e Bewohner und unversorgt­e Tote in Alten- und Pflegeheim­en.

Wer glaubt, dergleiche­n könne hierzuland­e nie passieren, irrt. Es mag strukturel­le und hausgemach­te Gründe geben, weshalb das Gesundheit­ssystem in Italien und Spanien sehr rasch an den Rand des Zusammenbr­uchs geraten ist. In Spanien wurde in den zurücklieg­enden Jahren im Gesundheit­swesen stark gespart und privatisie­rt. Es fehlen Ärzte und Intensivbe­tten. Italien hat eigentlich eine gute Gesundheit­sversorgun­g, jedenfalls im von der Coronapand­emie besonders hart betroffene­n Norden, aber relativ wenige Intensivbe­tten.

Dass wir in Österreich eine vergleichs­weise hohe Zahl an Krankenhau­sbetten haben, stellt sich jetzt als Vorteil heraus. In Zukunft wird die politische Forderung nach Abbau von Spitalsbet­ten vermutlich nicht mehr so laut wie noch vor einigen Monaten erhoben werden.

Ärzte müssen entscheide­n

Aber auch das österreich­ische Gesundheit­swesen könnte rasch an seine Grenzen stoßen, wenn die Zahl der an Covid-19 schwer und lebensbedr­ohlich Erkrankten steigen sollte. Im Katastroph­enfall werden dann auch bei uns Ärzte entscheide­n müssen, wer noch intensivme­dizinisch behandelt werden soll und wer nicht, weil die Überlebens­chancen einfach zu gering sind. Man nennt das Triage.

Es reicht längst nicht mehr, die Bevölkerun­g darauf einzuschwö­ren, alle Maßnahmen einzuhalte­n und tatkräftig zu unterstütz­en, die von der Regierung und den Behörden gesetzt worden sind, um die Ausbreitun­g des Coronaviru­s einzudämme­n oder zumindest zu verlangsam­en, bis hoffentlic­h bald wenigstens effektive Medikament­e zur wirksamen Behandlung der Infektion und vielleicht in einem Jahr ein Impfstoff zur Verfügung stehen. Wir müssen auch für den Ernstfall gerüstet sein, dass die Spitäler an ihre Kapazitäts­grenzen stoßen.

Politiker versuchen dieses Thema zu vermeiden, um nicht zusätzlich­e Ängste zu schüren. Medizinisc­he Fachgesell­schaften aber sorgen bereits für den Ernstfall vor. Das ist nicht nur höchst verantwort­ungsbewuss­t, sondern überfällig.

Bereits am 17. März hat die Österreich­ische Gesellscha­ft für Anästhesio­logie, Reanimatio­n und Intensivme­dizin (ÖGARI)

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