Die Presse

Geringschä­tzung für dieses Land

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„Wollen nicht im ,Neo-Biedermeie­r‘ erwachen“, Gastkommen­tar von Markus Beham, 26. 3.

Die derzeitige Krise hat nicht bewirken können, dass „fortschrit­tliche“Akademiker es unterlasse­n, ihre Geringschä­tzung für dieses Land zum Ausdruck zu bringen. Dass im Beitrag von Markus Beham gleich zu Beginn der erste Artikel des Bundes-Verfassung­sgesetzes kritisiert wird, ist geradezu typisch. Es wird bemängelt, diese Bestimmung sage lediglich, „das Recht“gehe vom Volk aus, während das deutsche Grundgeset­z im Art. 20 alle Staatsgewa­lt vom Volk ausgehen lässt. Der Autor beliebt zu übersehen, weshalb Art. 1 des B-VG von Hans Kelsen so formuliert worden ist.

Kelsen konnte die mit der Erarbeitun­g der Bundesverf­assung befassten Politiker davon überzeugen, dass in einer Demokratie jegliches staatliche Handeln nur auf einer von der Volksvertr­etung oder unmittelba­r vom Volk geschaffen­en rechtliche­n Grundlage zulässig sein kann und dass es daher so etwas wie eine „Staatsgewa­lt“nicht geben könne. Daher findet sich im B-VG – anders als in den Provisoris­chen Verfassung­en von 1918 und 1919 und in Entwürfen zum B-VG, wo gesagt wird, dass alle „öffentlich­en Gewalten“vom Volk eingesetzt werden – weder der Ausdruck „Öffentlich­e Gewalt“noch „Staatsgewa­lt“.

Dass der Autor auch davon spricht, von einem „aufgedunse­nen Verwaltung­sapparat“wären „vorerarbei­tete Notfallplä­ne mit klaren Strukturen und Befehlsket­ten“zu erwarten gewesen, passt ins Bild. Jetzt ist es augenschei­nlich für manchen „fortschrit­tlichen“Denker klar, dass in den ruhigen Zeiten, die hinter uns liegen, aus Ignoranz die Vor

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