Krisen-Erklären ist männlich
Debatte. Der Thinktank Momentum hat untersucht, wer in politischen Corona-Diskussionen zu Wort kommt: vor allem männliche Experten.
Wien. Wie eine öffentliche Debatte verläuft, hängt davon ab, wer überhaupt zu Wort kommt. Der links-orientierte Thinktank Momentum hat deshalb die relevantesten politischen Talkshows zwischen 12. März und 11. Mai untersucht. Konkret waren dies die ORF-Sendungen: Im Zentrum, Pressestunde, Runder Tisch, Zeit im Bild 2/Zeit im Bild 2 spezial, Ö1 Journal zu Gast. Sowie Talk im Hangar-7 (ServusTV) und auf Puls4: Pro & Contra und der Corona-Gipfel.
Für die Auswertung wurden die in diesem Zeitraum geladenen 232 Personen jeweils nach Funktion, Geschlecht und Parteizugehörigkeit kategorisiert. Das Fazit: Betroffene selbst kommen selten zu Wort. Den Löwenanteil bestreiten Experten, knapp gefolgt von Politikern. Und: In der Krise reden wieder vermehrt die Männer.
Betroffene reden selten mit
Die Ergebnisse im Detail: Mit 97 zu 94 Teilnehmern liegen Experten und Politiker mit Abstand weit voran. Die nächstgrößere Gruppe stellen Interessensvertreter (22). Mit zehn Teilnehmern kommen Betroffene nur ein wenig häufiger vor als Journalisten (neun) vor. Bei der Fachrichtung der Gäste dominiert – wenig überraschend – die Medizin, mit Respektabstand folgen Wirtschaft und Bildung. Auffällig ist, wie vergleichsweise schwach die im Zusammenhang mit Corona viel diskutierte Pflege vertreten ist. Gastronomen oder auch Philosophen kamen öfter als Pflegeexperten vor.
Deutlich wird vor aber allem auch: In der Krise haben Frauen noch weniger als sonst zu reden. Der Frauenanteil sank von 38 Prozent vor Corona auf 30 Prozent in der Krise. Nicht einmal jeder dritte Gast war also eine Frau. Besonders ausgeprägt ist die Schieflage bei den eingeladenen Expertinnen. Hier liegt der Anteil der weiblichen Gäste nur bei 25 Prozent.
Naheliegend war dagegen die politische Verteilung der diskutierenden Gäste. Der Großteil stammt aus der Regierung (ÖVP: 34 Prozent, Grüne: 26 Prozent), es folgt die SPÖ (20 Prozent). Neos und FPÖ liegen gleich auf (zehn Prozent). (uw)
Experten
Politiker
Interessensvertreter
Betroffene
Journalisten