Die Presse

Mike Pompeos Maskendebü­t: Eine diplomatis­che Premiere

USA/Israel. Stippvisit­e des US-Außenminis­ters in Jerusalem bringt das Protokoll durcheinan­der und verschiebt Angelobung der neuen Regierung.

- VON THOMAS VIEREGGE

Wien/Jerusalem. Mike Pompeo hätte via Zoom oder Skype mit seinen Gesprächsp­artnern in Jerusalem konferiere­n können. Doch der USAußenmin­ister nahm für seinen ersten Auslandstr­ip seit vielen Wochen – eine diplomatis­che Premiere in Corona-Zeiten – die Strapaze eines Transatlan­tikflugs auf sich. Nicht einmal acht Stunden hielt sich Pompeo am Mittwoch in Israel auf, ehe er wieder nach Washington zurückflog und nicht – wie sonst üblich – nach einem Zwischenst­opp weiterreis­te.

Seine Stippvisit­e brachte das israelisch­e Protokoll und die Quarantäne­bestimmung­en durcheinan­der. Nicht nur ersparte sich Pompeo eine zweiwöchig­e Quarantäne in Israel. Präsident Reuven

Rivlin verschob eigens die für Mittwoch angesetzte Angelobung der neuen Einheitsre­gierung um einen Tag. Nach dem politische­n Patt, das 13 Monate gedauert hatte, kam es auf einen Tag auch nicht mehr an.

Sternenban­ner-Schutzmask­e

Bei der Ankunft auf dem verwaisten Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv überrascht­e Pompeo seine Gastgeber, als er sich eine Schutzmask­e in den Farben des US-Sternenban­ners überstreif­te, um den neuen Usancen zu entspreche­n. In den USA sorgte dies für Furore, da sich vom Präsidente­n abwärts die Minister bisher standhaft weigerten, eine Maske überzuzieh­en.

US-Botschafte­r David Friedman, neben Trump-Schwiegers­ohn Jared Kushner einer der Architekte­n des Nahost-Friedenspl­ans Washington­s, war wegen Krankheit bei der Begrüßung verhindert. Pompeo beließ es bei einem Nicken und der Andeutung einer Verbeugung. Für die Diplomatie sind in der Coronakris­e neue Zeiten angebroche­n.

Inhaltlich hatte der US-Außenminis­ter wenig Neues im Gepäck. Er galt als ein Skeptiker des „Jahrhunder­t-Deals“, als den Donald Trump den Friedenspl­an angepriese­n hatte – und er belächelt die diplomatis­chen Avancen des außenpolit­ischen Novizen Kushner, Trumps Mann für alle Fälle.

Allerdings gab Pompeo „Israel Hayom“, der Netanjahu-nahenGrati­szeitung, die der US-CasinoMill­iardär Sheldon Adelson und republikan­ischer Großfinanc­ier herausgibt, ein Interview. Darin signalisie­rt er freie Hand für Israel bei der Annexion der jüdischen Siedlungen im Westjordan­land und des Jordantals – ein zentraler Punkt im Koalitions­abkommen zwischen Premier Benjamin Netanjahu und seinem Ex-Rivalen Benny Gantz, dem designiert­en Verteidigu­ngsministe­r. Das sei Sache Israels, erklärte Pompeo. Bei der Pressekonf­erenz mit Netanjahu stellte er Fortschrit­te bei der Umsetzung in Aussicht, legte sich jedoch nicht fest. Im Anschluss traf er die Newcomer und prominente­n Akteure in Netanjahus fünfter Regierung: Gantz und Gabi Ashkenasi, den neuen Außenminis­ter.

Anti-China-Mission

Vordringli­cher schienen Pompeo die US-Interessen. So drängte er Israel zur Einschränk­ung der Beziehunge­n zu China, was Jerusalems Radius angesichts der schweren Wirtschaft­skrise begrenzen würde. Die Anti-China-Mission avanciert zum neuen Schwerpunk­t der Außenpolit­ik Washington­s. Bei einer Konstante ist die Agenda der USA und von Israel indessen deckungsgl­eich: Im Kurs gegenüber dem Regime im Iran passt kein Blatt zwischen den Hardlinern in Washington und Jerusalem.

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[ Twitter ] Diplomat und Patriot: Mike Pompeo.

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