Der Feldzug von Chinas Troll-Armee im Internet
Desinformation. Eine Kampagne in den sozialen Medien soll vergessen machen, dass Covid-19 zuerst in China auftauchte. Umso mehr wird der erfolgreiche Kampf der Volksrepublik gegen die Ausbreitung der Pandemie gepriesen.
Wien. Die Volksrepublik China hat in den sozialen Medien offenkundig eine breit angelegte Desinformationskampagne lanciert, um ihre Sicht der Dinge zu Covid-19 in der Welt zu verbreiten. Sie zielt darauf ab, vergessen zu machen, dass die Pandemie in China ihren Ausgang genommen hat, sondern soll die Volksrepublik als das Land der Welt darstellen, das das Virus am wirksamsten bekämpft.
Lea Gabrielle vom US-Außenamt spricht von einer von der Kommunistischen Partei initiierten „aggressiven Kampagne“, mit der die Erklärungen chinesischer Diplomaten und des Außenministeriums in Peking massenhaft via Twitter und Facebook verbreitet werden: „China wird da als globaler Anführer im Kampf gegen die Pandemie dargestellt.“
Diese Anklage aus dem State Departement wirkt insofern hilflos, als die USA unter Donald Trump nicht nur im Kampf gegen Covid-19 auf ihre globale Führungsrolle verzichten, und der Präsident sich mit seinen Empfehlungen gegen das Virus zur weltweiten Lachnummer gemacht hat. Freilich bestätigen auch unabhängige Analytiker, dass die Chinesen massiv mit Desinformation und Propaganda im Internet unterwegs sind, wobei Trumps Nabelschau-Politik ihnen die Arbeit nur erleichtert.
Der Londoner Informationsanalytiker Benjamin Strick berichtet auf der Enthüllungsplattform Bellingcat von einer „gut strukturierten Informationskampagne“, die seinen Erkenntnissen nach einen „staatlichen chinesischen Hintergrund“hat. Strick hat ein Netzwerk von tausenden Twitterkonten ausgemacht, die er mit der chinesischen Kampagne in Verbindung bringt, ebenso wie Dutzende Seiten auf Facebook; täglich werde dieses Netzwerk um Hunderte Twitterkonten erweitert.
Einige Spezialisten vermuten hinter diesem Netzwerk ein chinesisches Propaganda-Team namens
„Spamouflage Drache“(Wortkombination aus Spam und Camouflage), das bereits im vergangenen Herbst via gefälschter Konten auf Twitter, Facebook und Youtube im Internet gegen die Demokratiebewegung in Hongkong gehetzt hat. Andere Experten meinen, dass es bisher zu wenig Beweise gebe, um die Desinformationskampagne direkt dem chinesischen Staat zuschreiben zu können. Gesichert sei aber jedenfalls, dass im Internet eine robuste Armee patriotischer chinesischer Trolle unterwegs sei.
Chinesisch-russische Synergien
Die Washingtoner Denkfabrik „Center for a New American Security“hat vergangene Woche die 36-seitige Studie „Gefährliche Synergien“veröffentlicht, in der die chinesischen und russischen Beeinflussungsoperationen im digitalen Raum untersucht werden. Die Forscher kommen darin zu dem Schluss, dass Chinesen und Russen immer mehr gemeinsame Grundlagen für ihre geopoliti
AAAAschen Interessen finden. Deshalb arbeiteten sie im Tandem, um
die liberalen demokratischen Normen und Institutionen zu unterminieren;
den Zusammenhalt demokratischer Partner und Alliierter zu schwächen;
den globalen Einfluss der USA zurückzudrängen; die chinesischen und russischen Positionen zu forcieren.
Die beiden Länder lernten voneinander und koordinierten ihr Vorgehen in etlichen Bereichen: „Russland verbreitet Narrative, mit denen das Vertrauen in Institutionen und gewählte Regierungen untergraben wird; dies bereitet einen fruchtbaren Boden dafür, dass das chinesische Narrativ von der Überlegenheit der autoritären Systeme Wurzeln schlagen kann.“
Wie schon bei den traditionellen elektronischen Medien solle ein alternatives Informations-Ökosystem geschaffen werden, das China und Russland dann zum eigenen Vorteil beackern könnten.