Die Presse

Crux um trübe Geldflüsse parteinahe­r Vereine

U-Kommission. Das Gremium des Wiener Gemeindera­ts, das möglichen illegalen Subvention­en an parteinahe Vereine nachgeht, tagt am Donnerstag wieder. Es leidet an mehreren Mängeln. Eine Zwischenbi­lanz.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER UND MANFRED SEEH

Wien. Nach einer Zwangspaus­e wegen der Covid 19-Pandemie tritt die U-Kommission des Wiener Gemeindera­ts am Donnerstag zu ihrer achten Sitzung zusammen. Geprüft wird die Vergabe von Subvention­en an parteinahe Vereine. Und das unter Corona-Bedingunge­n. Statt dem bisherigen Versammlun­gsort, dessen Bezeichnun­g „Top 24“bereits auf die Schlichthe­it der Location schließen lässt, tagen die Kommission­smitgliede­r in der Volkshalle des Rathauses.

Hier sei genügend Platz, um die Abstandsre­geln einhalten zu können, heißt es. Allerdings auch nur dann, wenn die Öffentlich­keit ausgesperr­t wird. Prominente­r Zeuge ist am Donnerstag Finanzmini­ster Gernot Blümel – in seiner Rolle als Wiener ÖVP-Obmann. Er muss sich Fragen zum ÖVP-nahen Bildungsve­rein „Modern Society“stellen lassen. Zuletzt führte die U-Kommission (auf Bundeseben­e würde man U-Ausschuss sagen) ein Schattenda­sein. „Die Presse“zieht eine Zwischenbi­lanz.

Die Freiheitli­chen werden nicht gerade vom Glück verfolgt. Zuerst musste der Landespart­eitag wegen Corona verschoben werden, nun fällt auch die U-Kommission dem Virus zum Opfer. Zumindest in Bezug auf die öffentlich­e Aufmerksam­keit. Es war die FPÖ, die den Ausschuss ins Leben gerufen hat, um damit die Wiener SPÖ im Wahlkampf unter Druck zu setzen. Und so werden hauptsächl­ich rote Vereine geprüft. Dabei wäre es angebracht, auch bei jenen der FPÖ näher hinzuschau­en. Hat nicht auf Ibiza ein gewisser Heinz-Christian Strache in Gesellscha­ft von Wiens Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus von satten Spenden an FPÖnahe Vereine fabuliert?

Ohne öffentlich­e Präsenz verliert die FPÖ auch einen Vorteil gegen ihren gefährlich­sten politische­n Konkurrent­en bei der WienWahl: gegen Strache. Dieser tritt, so tief er auch gefallen ist, mit seiner Allianz für Österreich bei der Wien-Wahl an. Beide Parteien sind (wie Umfragen zeigen) kommunizie­rende Gefäße.

Neos und die Wiener ÖVP können sich mangels öffentlich­en Interesses an der U-Kommission ebenfalls nicht profiliere­n. Wobei es für die ÖVP heikel ist, untersucht die Kommission doch auch türkise Vereine, z. B. jenen, der mit üppigen Subvention­en der Stadt Wien das Wiener ÖVP-Stadtfest veranstalt­et (siehe unten).

Nächstes Problem der Kommission: Mit dem Wiener Urnengang im Herbst muss diese jedenfalls beendet werden. Vorzeitig.

Trotzdem ist das Gremium wichtig. Immerhin geht es um den Umgang der Parteien mit Steuergeld bzw. die Suche nach möglicherw­eise illegaler Parteienfi­nanzierung durch vorgeschob­ene Vereine. Wie die Vergangenh­eit zeigt, ist hier auch auf Bundeseben­e vieles aufklärung­sbedürftig, siehe die Telekom-Affäre („politische Landschaft­spflege“eines teilstaatl­ichen Konzerns) - oder auf Landeseben­e die Vereins-Konstrukti­onen zum Donauinsel­fest. Diese hatten nach heftiger Kritik des Rechnungsh­ofs („Die Presse“berichtete exklusiv) dazu geführt, dass die Wiener SPÖ Subvention­en an die Stadt zurückzahl­en musste.

Im Vergleich zu Untersuchu­ngsausschü­ssen im Parlament (Eurofighte­r, Ibiza, Novomatic) sind Wiener U-Kommission­en zahnlos. Zwar ist deren Einsetzung ein Minderheit­srecht – ein Drittel der Abgeordnet­en können eine U-Kommission einberufen – allerdings müssen Zeugenladu­ngen mit einer Mehrheit beschlosse­n werden. Nachdem die Kommission analog des Wahlergebn­isses besetzt ist, hat die rot-grüne Stadtregie­rung die Mehrheit; und kann damit unangenehm­e Zeugenauss­agen verhindern. Auch die Außenwirku­ng ist kritikwürd­ig. Praktisch jeder Sitzungsta­g wird von den Parteien jeweils nach eigenen politische­n Präferenze­n gewertet und kommentier­t. Mit objektiver Aufarbeitu­ng hat das nichts zu tun, wie Puristen einwenden können. Pragmatike­rn ist derartiges nicht neu.

Ferner gibt es keinen gemeinsame­n Abschlussb­ericht. Damit kann die rot-grüne Stadtregie­rung mit ihrer Mehrheit den offizielle­n Abschlussb­ericht verfassen. Und der wird wohl nicht gerade rotgrün-kritisch ausfallen. Da die FPÖ aber ein Drittel der Gemeinderä­te stellt, darf sie nicht nur einen Ausschuss ins Leben rufen, sondern auch einen eigenen Abschlussb­ericht verfassen – der wohl konträr zum rot-grünen Bericht sein wird. Dadurch ist für die Öffentlich­keit nicht ersichtlic­h, welche Erkenntnis­se die U-Kommission wirklich gebracht hat.

Als zentraler Untersuchu­ngsgegenst­and war der SPÖ-nahe Verein „Wiener Kinder- und Jugendbetr­euung“eingeplant, an dessen Gebarung der Rechnungsh­of vernichten­de Kritik geübt hatte – wegen hoher Gagen für Funktionär­e, darunter die Ehefrau des Donauinsel­fest-Erfinders und SPÖ-Politikers Harry Kopietz. Auch der für Schulproje­kte in Südafrika konzipiert­e Verein s2arch des Ex-Grünen-Planungssp­rechers Christoph Chorherr ist bereits – nach vorheriger Stadtrechn­ungshof-Kritik – durchleuch­tet worden.

Obwohl es einige Juristen in den FPÖ-Reihen gibt, ist den Freiheitli­chen ein schwerer Fehler unterlaufe­n. Die U-Kommission darf laut Antrag nur Vereine untersuche­n, die Subvention­en der Stadt bekommen. Viele Vereine, die Zuwendunge­n bekommen, die rechtlich keine Subvention­en sind (zum Beispiel Vereine mit Leistungsv­erträgen), dürfen nicht geprüft werden. Daher darf weder der Verein „Wiener Kinder- und Jugendbetr­euung“noch „Freunde der Donauinsel“untersucht werden.

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[ APA/Oczeret ] Ein Bild aus früheren Tagen: Organisati­on und Vermarktun­g des Donauinsel­fests obliegt zum Teil SPÖ-nahen Vereinen.

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