Crux um trübe Geldflüsse parteinaher Vereine
U-Kommission. Das Gremium des Wiener Gemeinderats, das möglichen illegalen Subventionen an parteinahe Vereine nachgeht, tagt am Donnerstag wieder. Es leidet an mehreren Mängeln. Eine Zwischenbilanz.
Wien. Nach einer Zwangspause wegen der Covid 19-Pandemie tritt die U-Kommission des Wiener Gemeinderats am Donnerstag zu ihrer achten Sitzung zusammen. Geprüft wird die Vergabe von Subventionen an parteinahe Vereine. Und das unter Corona-Bedingungen. Statt dem bisherigen Versammlungsort, dessen Bezeichnung „Top 24“bereits auf die Schlichtheit der Location schließen lässt, tagen die Kommissionsmitglieder in der Volkshalle des Rathauses.
Hier sei genügend Platz, um die Abstandsregeln einhalten zu können, heißt es. Allerdings auch nur dann, wenn die Öffentlichkeit ausgesperrt wird. Prominenter Zeuge ist am Donnerstag Finanzminister Gernot Blümel – in seiner Rolle als Wiener ÖVP-Obmann. Er muss sich Fragen zum ÖVP-nahen Bildungsverein „Modern Society“stellen lassen. Zuletzt führte die U-Kommission (auf Bundesebene würde man U-Ausschuss sagen) ein Schattendasein. „Die Presse“zieht eine Zwischenbilanz.
Die Freiheitlichen werden nicht gerade vom Glück verfolgt. Zuerst musste der Landesparteitag wegen Corona verschoben werden, nun fällt auch die U-Kommission dem Virus zum Opfer. Zumindest in Bezug auf die öffentliche Aufmerksamkeit. Es war die FPÖ, die den Ausschuss ins Leben gerufen hat, um damit die Wiener SPÖ im Wahlkampf unter Druck zu setzen. Und so werden hauptsächlich rote Vereine geprüft. Dabei wäre es angebracht, auch bei jenen der FPÖ näher hinzuschauen. Hat nicht auf Ibiza ein gewisser Heinz-Christian Strache in Gesellschaft von Wiens Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus von satten Spenden an FPÖnahe Vereine fabuliert?
Ohne öffentliche Präsenz verliert die FPÖ auch einen Vorteil gegen ihren gefährlichsten politischen Konkurrenten bei der WienWahl: gegen Strache. Dieser tritt, so tief er auch gefallen ist, mit seiner Allianz für Österreich bei der Wien-Wahl an. Beide Parteien sind (wie Umfragen zeigen) kommunizierende Gefäße.
Neos und die Wiener ÖVP können sich mangels öffentlichen Interesses an der U-Kommission ebenfalls nicht profilieren. Wobei es für die ÖVP heikel ist, untersucht die Kommission doch auch türkise Vereine, z. B. jenen, der mit üppigen Subventionen der Stadt Wien das Wiener ÖVP-Stadtfest veranstaltet (siehe unten).
Nächstes Problem der Kommission: Mit dem Wiener Urnengang im Herbst muss diese jedenfalls beendet werden. Vorzeitig.
Trotzdem ist das Gremium wichtig. Immerhin geht es um den Umgang der Parteien mit Steuergeld bzw. die Suche nach möglicherweise illegaler Parteienfinanzierung durch vorgeschobene Vereine. Wie die Vergangenheit zeigt, ist hier auch auf Bundesebene vieles aufklärungsbedürftig, siehe die Telekom-Affäre („politische Landschaftspflege“eines teilstaatlichen Konzerns) - oder auf Landesebene die Vereins-Konstruktionen zum Donauinselfest. Diese hatten nach heftiger Kritik des Rechnungshofs („Die Presse“berichtete exklusiv) dazu geführt, dass die Wiener SPÖ Subventionen an die Stadt zurückzahlen musste.
Im Vergleich zu Untersuchungsausschüssen im Parlament (Eurofighter, Ibiza, Novomatic) sind Wiener U-Kommissionen zahnlos. Zwar ist deren Einsetzung ein Minderheitsrecht – ein Drittel der Abgeordneten können eine U-Kommission einberufen – allerdings müssen Zeugenladungen mit einer Mehrheit beschlossen werden. Nachdem die Kommission analog des Wahlergebnisses besetzt ist, hat die rot-grüne Stadtregierung die Mehrheit; und kann damit unangenehme Zeugenaussagen verhindern. Auch die Außenwirkung ist kritikwürdig. Praktisch jeder Sitzungstag wird von den Parteien jeweils nach eigenen politischen Präferenzen gewertet und kommentiert. Mit objektiver Aufarbeitung hat das nichts zu tun, wie Puristen einwenden können. Pragmatikern ist derartiges nicht neu.
Ferner gibt es keinen gemeinsamen Abschlussbericht. Damit kann die rot-grüne Stadtregierung mit ihrer Mehrheit den offiziellen Abschlussbericht verfassen. Und der wird wohl nicht gerade rotgrün-kritisch ausfallen. Da die FPÖ aber ein Drittel der Gemeinderäte stellt, darf sie nicht nur einen Ausschuss ins Leben rufen, sondern auch einen eigenen Abschlussbericht verfassen – der wohl konträr zum rot-grünen Bericht sein wird. Dadurch ist für die Öffentlichkeit nicht ersichtlich, welche Erkenntnisse die U-Kommission wirklich gebracht hat.
Als zentraler Untersuchungsgegenstand war der SPÖ-nahe Verein „Wiener Kinder- und Jugendbetreuung“eingeplant, an dessen Gebarung der Rechnungshof vernichtende Kritik geübt hatte – wegen hoher Gagen für Funktionäre, darunter die Ehefrau des Donauinselfest-Erfinders und SPÖ-Politikers Harry Kopietz. Auch der für Schulprojekte in Südafrika konzipierte Verein s2arch des Ex-Grünen-Planungssprechers Christoph Chorherr ist bereits – nach vorheriger Stadtrechnungshof-Kritik – durchleuchtet worden.
Obwohl es einige Juristen in den FPÖ-Reihen gibt, ist den Freiheitlichen ein schwerer Fehler unterlaufen. Die U-Kommission darf laut Antrag nur Vereine untersuchen, die Subventionen der Stadt bekommen. Viele Vereine, die Zuwendungen bekommen, die rechtlich keine Subventionen sind (zum Beispiel Vereine mit Leistungsverträgen), dürfen nicht geprüft werden. Daher darf weder der Verein „Wiener Kinder- und Jugendbetreuung“noch „Freunde der Donauinsel“untersucht werden.