Klassische Cockpit-Rochade in der Königsklasse
Formel 1. Carlos Sainz zu Ferrari, Sebastian Vettel zu McLaren – der Fahrermarkt kommt wieder in Schwung.
Maranello. Am Ende könnten Sebastian Vettel und Carlos Sainz jr. einfach die Cockpits tauschen. Der Deutsche, 32, wird nach der Saison 2020 seinen Ferrari-Platz räumen, ein mittlerweile sechsjähriges Engagement, das medial als „Scheitern“bewertet wird, obwohl Vettel mit 14 Grand-Prix-Siegen nach Michael Schumacher (72) und Niki Lauda (15) immerhin dritterfolgreichster Ferrari-Fahrer ist. Während die Scuderia mit dem 25-jährigen Sainz, aktuell in Diensten von McLaren, offenbar schon Ersatz gefunden hat, verdichten sich die Anzeichen, dass Vettel seine Karriere just beim britischen Traditionsteam fortsetzen könnte.
Sainz jedenfalls soll noch diese Woche als neuer Ferrari-Pilot präsentiert werden. Der Spanier ist die logische Wahl, er war in der Vorsaison „best of the rest“, hat als WM-Sechster hinter den Topteams Mercedes, Ferrari und Red Bull die meisten Punkte eingefahren. Sainz gilt seit seinem Formel-1-Einstieg 2015 (Toro Rosso) als zuverlässig, er hat sich in allen teaminternen Duellen behaupten können. Bei Renault wurde er von Daniel Ricciardo und dessen Star-Status aus den Cockpit verdrängt. Der berühmte Vater – Carlos Sainz, genannt „El Matador“, ist RallyeWeltmeister und Dakar-Champion – förderte die Karriere des Sohnes diskret im Hintergrund. Ab 2021 soll der Junior nun Charles Leclerc bei Ferrari unterstützen.
Dass Sainz sein erster Podestplatz im Vorjahr im McLaren gelang, ist kein Zufall. Nach langer Durststrecke gelang den Briten 2019 unter Firmenchef Zak Brown und Teamchef Andreas Seidl die Wende. Der wiedererstarkte Traditionsrennstall (acht Konstrukteurs-, zwölf Fahrer-Titel) ist auch für Vettel eine Option. Zumal die Briten 2021 wieder auf MercedesMotoren setzen und ab 2022 um Siege mitfahren wollen. Und weil sich Teamchef Seidl und Vettel aus der gemeinsamen Zeit bei BMWSauber kennen und schätzen, heißt es, Vettel stehe bereits kurz vor einer Unterschrift (Einjahresvertrag plus Option).
Deutsche Misere
Beendet der vierfache Weltmeister seine Karriere allerdings, könnte 2021 zum ersten Mal seit Beginn der Neunzigerjahre kein Deutscher in einem Formel-1-Cockpit sitzen. Zum Vergleich: 2010 drehten noch sieben Deutsche (Schumacher, Vettel, Rosberg, Heidfeld, Sutil, Hülkenberg, Glock) ihre Runden in der Königsklasse. Immerhin hat Formel-2-Pilot Mick Schumacher, 21-jähriger Sohn des Rekordweltmeisters, den Sprung in die Nachwuchsakademie von Ferrari geschafft. Für die Vettel-Nachfolge ist es aber noch zu früh. (joe)