Ein Vokal-Artist, der mit seinem Bariton jede Bühne ersetzte
Über Gabriel Bacquier, der wenige Tage vor seinem 96. Geburtstag starb.
Er war gewiss nicht der notorische französische Opern-Stilist mit dem Hang zur kühl und makellos geformten Gesangslinie. Aber er konnte Bühnenfiguren mit stimmlichen Mitteln plastisch werden lassen, sogar wenn er gar nicht auf der Bühne stand, sondern im Schallplattenstudio, also nur vokal „agieren“durfte: Gabriel Bacquier war einer der großen Gesangskünstler seiner Zeit.
Geboren in Beziers,´ arbeitete er zunächst als Angestellter in der Privatwirtschaft, um sich sein Gesangsstudium am Pariser Conservatoire zu finanzieren.
Dort erreichte er 1950 bei seinem Abschluss die Bestnote und debütierte noch im gleichen Jahr in Nizza. 1953 war er Rossinis Figaro in Brüssel, wo er sich als Ensemblemitglied sein Repertoire erarbeitete. Ab 1956 war Bacquier einer der führenden Sänger an beiden Pariser Opernhäusern, konnte sein komödiantisches Talent an der Opera´ Comique ebenso demonstrieren wie seine bis in dämonische Bereiche hinein imposante dramatische Kunst im Palais Garnier.
Maßstäbe setzten seine hintergründige Interpretation des „Figaro“-Grafen (auf Platte festgehalten unter Otto Klemperer) ebenso wie seine „Bösewichte“in Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“oder der Goleaud in Debussys „Pelleas´ et Melisande“.´
Singulär geriet das vokale Zusammenspiel mit Nikolai Ghiaurow in der Aufnahme von Massenets „Don Quijote“. Diese wurde nicht zuletzt dank Bacquiers einfühlsamem Seelenportät des Sancho Panza ein Schallplatten-Klassiker, der nun die Erinnerung an den großen Bariton bewahrt, der am Mittwoch 95-jährig gestorben ist. (sin)