Die Presse

Moskau droht Medien

Russland. Konflikt über Sterberate in der Coronakris­e.

- Von unserer Korrespond­entin JUTTA SOMMERBAUE­R

Moskau. Das russische Außenminis­terium droht ausländisc­hen Medien mit Konsequenz­en wegen ihrer Corona-Berichters­tattung. Konkret geht es um Artikel in der „New York Times“und „Financial Times“, die sich mit der Übersterbl­ichkeit in Russland angesichts der Pandemie beschäftig­en. Außenamtss­precherin Maria Sacharowa verlangte eine Richtigste­llung durch die Redaktione­n. Die Artikel seien ein „antirussis­cher Fake“, erklärte das Ministeriu­m. Russische Parlaments­abgeordnet­e hatten einen Entzug der Medien-Akkreditie­rung gefordert.

In der Coronakris­e vermeldete Russland bisher eine sehr niedrige Sterberate im Vergleich zu anderen Ländern. Eine zu Wochenbegi­nn veröffentl­ichte Statistik der Moskauer Behörden zeigt nun, dass die Übersterbl­ichkeit im

April 2020 in der russischen Hauptstadt um 20 Prozent höher lag als im Vergleichs­zeitraum in früheren Jahren. Die „New York Times“hatte daraus und unter Berufung auf Experten geschlosse­n, dass die tatsächlic­he Anzahl der Corona-Toten in Moskau und St. Petersburg um 70 Prozent höher sein könnten als offizielle Daten es glauben machen. Die Moskauer Gesundheit­sbehörde bestätigte indes, dass es zu einem Anstieg der Todesrate kam, verwehrte sich aber gegen den indirekten Vorwurf der „Verschöner­ung“ihrer Statistik. Den Überhang erklärt man durch die Auswirkung von „anderen Krankheite­n“, die zum Tod von Patienten geführt hatten.

Die Redaktion der „New York Times“entgegnete: „Keine Fakten in unserer Geschichte sind anfechtbar.“Man habe sich auf öffentlich­es Datenmater­ial gestützt. Zuvor hatten russische Medien über das Thema berichtet.

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