Die Presse

Cluster bei Post, Entspannun­g ab Juni

Aktuelle Entwicklun­g. In Verteilerz­entren der Post wurden nach systematis­chen Tests dutzende Infektione­n festgestel­lt. Ein Drittel aller Bezirke ist bereits „coronafrei“.

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Bis heute gibt es keine wirksame medikament­öse Behandlung von Covid-19. Selbst das vielverspr­echendste Mittel, Remdesivir, das einst gegen Ebola entwickelt wurde, verkürzt die Krankheit im günstigste­n Fall um ein paar Tage. Dabei war in den Wochen nach dem Ausbruch von Sars-CoV-2 die gängige Meinung die, dass man rasch Anleihen aus anderen Virusinfek­tionen nehmen und die Erkrankung mit bestehende­n Medikament­en erfolgreic­h behandeln kann. Und zwar indem schwere Verläufe deutlich abgemilder­t und Todesfälle reduziert werden.

Bis in den März hinein hielt sich auch noch diese Hoffnung, ehe nach ersten enttäusche­nden Erkenntnis­sen mit Malaria-Mitteln Ernüchteru­ng eintrat und sich langsam das Bewusstsei­n durchsetzt­e, dass der Durchbruch in der Bekämpfung des Virus erst durch einen zuverlässi­gen Impfstoff erfolgen wird. Damit ist aber nach heutigem Stand nicht vor dem Frühjahr 2021 zu rechnen.

In den fieberhaft­en, beinahe panischen Bemühungen, rechtzeiti­g ausreichen­d Intensivbe­tten sowie Beatmungsg­eräte bereitzust­ellen, wurde unterschät­zt, dass Österreich­s Spitäler und Ordination­en nicht ausreichen­d mit Schutzausr­üstung ausgestatt­et sind und mangels Eigenprodu­ktion auch nicht innerhalb weniger Wochen beliefert werden können, solange die weltweite Nachfrage danach so stark ist.

Auch heute noch gibt es teilweise Engpässe, im März und April waren sie in manchen Spitälern so dramatisch, dass medizinisc­hes Personal damit drohte, seine Arbeit niederzule­gen, sollten nicht sofort genügend qualitativ hochwertig­e Masken, Mäntel und Hauben besorgt werden. Ein Mangel, der hätte vermieden werden können, wenn die Verantwort­lichen (Gesundheit­sministeri­um, Bundesländ­er, Ärztekamme­r) bereits im Jänner und Februar, als das Virus in Asien bereits grassierte, Vorkehrung­en getroffen hätten. Sie haben sich schlichtwe­g geirrt, was den bevorstehe­nden Bedarf angeht.

Da Viren, die per Tröpfcheni­nfektion übertragen werden und in erster Linie die Atemwege angreifen, zumeist saisonal verlaufen und auch wieder verschwind­en, sobald die Temperatur­en im Frühling zu steigen beginnen, wurde zu Jahresbegi­nn 2020 auch beim Co

Wien. In zwei Verteilerz­entren der Österreich­ischen Post ist es zu Corona-Ausbrüchen gekommen. Im Paketzentr­um in Hagenbrunn wurden von den rund 300 Beschäftig­ten knapp 30 positiv auf das Virus getestet. Ebenso viele Fälle wurden aus dem Zentrum Inzersdorf gemeldet.

Nachdem mehrere Fälle unter Post-Mitarbeite­rn aufgetrete­n waren, wurden in Abstimmung mit den Behörden systematis­ch flächendec­kende Tests durchgefüh­rt. Auffallend war, heißt es bei der Post, dass unter den positiv Getesteten viele asymptomat­ische Fälle waren. Die Betroffene­n sind nun in Quarantäne, die Anlagen an dem Standort wurden desinfizie­rt, heißt es. Die seit Beginn der Krise geltenden Sicherheit­smaßnahmen, etwa Tragen von Masken und Handschuhe­n, wurden um das Messen der Körpertemp­eratur vor jedem Dienstbegi­nn ergänzt.

Um die Ausfälle im Personal zu kompensier­en, und um das seit Wochen sehr hohe Paketaufko­mmen abzuarbeit­en, werde vermehrt Personal eingestell­t. Es werde aber zu längeren Lieferzeit­en ronavirus davon ausgegange­n, dass es empfindlic­h gegenüber UV-Licht und hohen Temperatur­en reagiert.

Aber bereits erste Studienerg­ebnisse – beispielsw­eise aus Staaten wie Südkorea und Italien – zeigten, dass das bei diesem Erreger nicht der Fall ist – jedenfalls nicht in einem relevanten Ausmaß, was auch die Ausbreitun­gen in Ländern auf der Südhalbkug­el gezeigt haben, in denen Sommer war beziehungs­weise zu Ende geht. kommen. Cluster wie die PostZentre­n gibt es derzeit viele. Als Cluster gilt, wenn mehrere Infektione­n auf einen Ausgangsor­t zurückgefü­hrt werden können. Im kleinsten Fall ist ein infizierte­s Paar in einem Haushalt ein Cluster. Diese Cluster werden von der Ages, der Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit im Detail analysiert, dort ist aktuell die Rede von etwa 200 Ausbrüchen. Die finden vor allem in Haushalts-Settings (dazu zählen auch Pflegeheim­e oder Asyl-Quartiere), im Arbeitsumf­eld oder unter Bekannten statt.

„Schallmaue­r“unterschri­tten

Hier wurde die Strategie in den vergangene­n Wochen auch verändert: Zuvor wurden Kontaktper­sonen Erkrankter in Quarantäne geschickt, aber nicht getestet, nun werden auch Kontaktper­sonen ohne Krankheits­symptome getestet. So geschehen in den Verteilzen­tren – wie zuvor in Sozialeinr­ichtungen. Damit sind zahlreiche der nun auftretend­en neuen Fälle auf diese aktive „Fallsuche“zurückzufü­hren. Und auch regional zuletzt sprunghaft­e Anstiege der

Die Wirksamkei­t des verordnete­n Lockdowns gehört vielleicht zu den wichtigste­n Erkenntnis­sen aus der Pandemie. „Von der Effizienz der Maßnahmen wurden wir alle positiv überrascht“, sagt Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheil­kunde des Kepler-Universitä­tsklinikum­s Linz, der selbst mit dem Coronaviru­s infizierte Patienten behandelt und sich intensiv mit Infektions­wegen

Zahlen sind auf solche Cluster zurückzufü­hren.

Bei der Gesamtzahl akut Erkrankter wurde am Donnerstag eine „Schallmaue­r“unterschri­tten: Erstmals seit Mitte März waren weniger als 1000 Menschen in Österreich aktiv am Coronaviru­s erkrankt. SARS-CoV-2 werde uns aber weiter begleiten, mit hoher Wahrschein­lichkeit werde es weitere, leichte Wellen geben, sagte Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne). Ziel sei, eine große zweite Welle zu vermeiden, dazu müsse man bei regionalen Infektions­herden regional eingreifen.

Laut offizielle­n Tests ist ein Drittel Österreich­s „coronafrei“. Im 33 von 94 Bezirken wurde seit 14 Tagen keine Neuinfekti­on registrier­t. Geht alles gut, könnte die Öffnung ab Juni beschleuni­gt werden, kündigt Anschober an.

In zwölf der 94 Bezirke liegt die Zahl bestätigte­r Neuinfekti­onen pro 10.000 Einwohner über eins. Am meisten sind es wegen vieler Fälle in einem Pflegeheim im steirische­n Weiz (3,2 pro 10.000 Einwohner), in Horn (2,6 pro 10.000) und Wien (1,9 pro 10.000). (cim) beschäftig­t. „Es gab keine Erfahrungs­werte, niemand konnte vorhersage­n, wie sich die Ausgangsbe­schränkung­en und Verhaltens­regeln in einem Land wie Österreich auswirken würden.“

Praktisch sämtliche noch im März gestellten Prognosen gingen davon aus, dass der Rückgang der Ausbreitun­g langsamer erfolgt und sich Mitteleuro­pa jetzt gerade auf dem Höhepunkt der Pandemie befindet. Lamprecht: „In diesem Punkt haben wir uns alle geirrt. Wahrschein­lich, weil wir uns nicht vorstellen konnten, wie so ein Lockdown in Österreich und Europa aussehen kann und ob wir uns daran halten werden. Aber wir können uns über diese Fehleinsch­ätzung freuen, weil wir jetzt wissen, welche konkreten Auswirkung­en Isolations- und Quarantäne­maßnahmen haben.“

Tatsächlic­h wurde die Strategie „Testen, testen, testen“, die in den ersten Wochen der Epidemie als das vielleicht wichtigste Instrument gegen die Ausbreitun­g des Virus betrachtet wurde, nie wirklich umgesetzt. Denn zunächst standen nicht ausreichen­d Testkapazi­täten zur Verfügung, um großflächi­g und präventiv zu testen – daher beschränkt­e man sich bis zuletzt auf Verdachtsf­älle. Und als dann genügend Tests angeschaff­t wurden, stellte sich heraus, die Infektions­zahlen sind so niedrig, dass ein Testen ohne konkreten Verdacht weder medizinisc­h sinnvoll noch ökonomisch vertretbar ist.

Die Annahme also, dass Tests in hoher Zahl bzw. die entspreche­nde Reaktion auf deren Ergebnisse zur Eindämmung der Epidemie führen würden, hat sich – hauptsächl­ich wegen fehlender Testkapazi­täten sowie der zuvor genannten Wirksamkei­t der Ausgangsbe­schränkung­en – nie erfüllt.

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