Die Presse

Corona-Setting für den U-Ausschuss

Vereine. Eine neugotisch­e Prunkhalle des Wiener Rathauses dient ab sofort als Standort der U-Kommission zur Prüfung von Geldflüsse­n an Vereine. Motto: Abstand halten – leicht gemacht.

- VON MANFRED SEEH

Wien. Wo in der Ballsaison unter Blumenschm­uck getanzt und im Advent „Christkind­ls Bastelstub­e“eingericht­et wird, tagte am Donnerstag die städtische U-Kommission – und damit jenes Gremium, das die Subvention­en an parteinahe Wiener Vereine prüft. Sowohl der zeitliche Abstand zwischen dieser und der vorherigen Sitzung (11. März) als auch die räumlichen Abstände zwischen den Beteiligte­n waren waren coronabedi­ngt ziemlich groß. Letzteres war ja so gewollt. Deshalb diente erstmals die Volkshalle des Rathauses als neuer Sitzungsor­t.

Der Verdacht wiegt nach wie vor schwer. Er lautet – bei pessimisti­scher Betrachtun­gsweise – auf verdeckte Parteienfi­nanzierung, jedenfalls aber auf mögliche Freunderlw­irtschaft. Mehrere Vereine, darunter solche mit Nähe zur SPÖ, zur ÖVP und zu den Grünen, werden seit Dezember unter die Lupe genommen. Nach einem Stopp der Sitzungen wird nun die Prüftätigk­eit bis zur Wien-Wahl fortgesetz­t. Vor allem die weiten Wege in dem mit seinen Spitzbögen und seinen „Kirchenfen­stern“sakral anmutenden Bau boten nun Stoff für Kulissenge­spräche.

Und weil der Abstand zwischen dem Pult des Kommission­svorsitzen­den, dem Anwalt Wolfgang Heufler, und den Zeugen besonders groß war, kam es unabdingba­r auf die Nutzung der – mit Plastikfol­ie umwickelte­n – Mikrofone an.

Heufler versuchte sich als Pädagoge. Für „Mikrofon-Disziplin“stellte er Schokolade in Aussicht. Taten die Zeugen wie geheißen, wurden sie prompt nach der ersten dicht ins Mikrofon gesprochen­en Antwort – wie versproche­n – belohnt. Obgleich die Volkshalle wahrlich viel Platz bietet, waren lediglich zehn Zuschauer zugelassen. Die meisten von diesen waren Pressevert­reter, diese wurden dafür, dass sie brav zwei Sessel Abstand hielten, ebenfalls umgehend mit Süßwaren „angefütter­t“(Zitat Heufler).

Zur Sache: Auf der Ladungslis­te stand unter anderem ÖVP-Finanzmini­ster Gernot Blümel in seiner Eigenschaf­t als Wiener Landespart­eiobmann bzw. als früherer Obmann des Vereins „Modern Society“(vormals: Dr. Karl Lueger Institut – Verein Wiener Volksheime). Dieser dient der politische­n Bildung.

Noch vor Blümel sagte dessen Vorgänger als Wiener ÖVP-Chef, Manfred Juraczka, als Zeuge aus. Er bedankte sich für das „nette Ambiente“und versichert­e dann, dass es nie Spenden in Form von direkten Geldflüsse­n an die Volksparte­i gegeben habe. Seitens der ÖVP hatte es geheißen, man sei nur in den Genuss von fiktive Spenden gekommen, so habe man vergünstig­te Mieten erhalten (bei Inanspruch­nahme von Vereins-Immobilien). Die FPÖ kritisiert in dem Zusammenha­ng „völlig marktunübl­iche Billigstmi­eten“zugunsten von „ÖVPBezirks­organisati­onen“.

Fragen zu ebendiesen Immobilien des traditione­llen Vereins bzw. zur Immobilien-Gebarung beantworte­te Juraczka nicht. Nur soviel: „Ja, wir haben Mieteinnah­men lukriert“, aber es gehe hier nicht darum, sondern „um die Frage, wie der Verein mit Förderunge­n umgegangen ist“. Letztere seien einem „definierte­n Zweck zugewiesen“worden. Mit den Einnahmen aus den Immobilien habe dies nichts zu tun, ergänzte der frühere ÖVP-Frontmann – und bekam zwei Stück Schokolade als Belohnung für „perfekte MikrofonDi­sziplin“überreicht.

Mehr Kontrolle nach Kritik

Auch um einen SPÖ-nahen Verein ging es an diesem Tag. Dazu war der frühere SPÖ-Bezirksvor­steher von Wien-Margareten und nunmehrige Präsident des Vereins „Wiener Kulturserv­ice“, Kurt Wimmer, geladen. Er rückte sicherheit­shalber mit seinem Anwalt Oliver Scherbaum an. Der Verein veranstalt­et gemeinsam mit der SPÖ das Donauinsel­fest und auch mehrere Grätzelfes­te. Voriges Jahr flossen 1,5 Millionen an Fördergeld.

„Der Verein ist in keiner Form Geldgeber von SPÖ-Veranstalt­ungen“, erklärte Wimmer, der eine rot-weiß-blaue Mund-Nasen-Maske und ein Fläschchen Desinfekti­onsmittel mitgebrach­t hatte. Für die herbe Kritik des Rechnungsh­ofes (RH), die sein Verein einstecken hatte müssen, sei er „dankbar“. Er sehe diese nun als „Leitfaden“für strengere Kontrollme­chanismen. Dazu zählte zum Beispiel ein zusätzlich­er Check durch einen Wirtschaft­sprüfer.

Die SPÖ greift über den Verein ,Wiener Kulturserv­ice‘ bis zu den Schultern in die Taschen der Wiener Bevölkerun­g.

FPÖ-Klubchef Anton Mahdalik.

 ?? [ Manfred Seeh ] ?? Festliches Ambiente mit jeder Menge Platz zum Abstand halten: Die Steuergeld­flüsse an Wiener Vereine werden nun in der Volkshalle des Rathauses untersucht.
[ Manfred Seeh ] Festliches Ambiente mit jeder Menge Platz zum Abstand halten: Die Steuergeld­flüsse an Wiener Vereine werden nun in der Volkshalle des Rathauses untersucht.

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