Die Presse

Weniger Miete für längere Laufzeiten

Die heimischen Immobilien­fonds scheinen die Krise gut zu überstehen. Große Renditever­sprechen gibt es derzeit aber nicht. Die Manager versuchen, mit verschiede­nen Maßnahmen die Performanc­e stabil zu halten.

- VON pAtrICK BALDIA

Wird die covid-19-Krise dem boom der heimischen Immobilien­fonds ein abruptes Ende setzen? Danach schaut es derzeit nicht aus. Zwar ging das Fondsvolum­en im März im Vergleich zum Februar leicht auf 9,2 Milliarden Euro zurück, im April hielt es sich aber stabil auf demselben Niveau. Einzelne Anbieter verzeichne­ten zuletzt sogar mehr Zu- als Abflüsse. „Das zeigt, dass Immobilien­fonds das liefern, was sie den Anlegern verspreche­n: Stabilität in unsicheren Zeiten“, sagt Peter Karl, Geschäftsf­ührer der Erste Immobilien KAG.

Mietstundu­ng und -reduktion

Ganz verschont werden die heimischen Immobilien­fonds von der Pandemie aber nicht. Wie stark die Auswirkung­en zu spüren sein werden, hängt dabei stark von Nutzungsar­t, Lage und Qualität der Immobilien ab, die sich im Portfolio befinden. Dazu gehört eine branchendi­versifizie­rte Mieterstru­ktur mit guter bonität. „Stimmt dieser Mix, sollte es keine großen negativen Auswirkung­en geben“, so Karl. Tatsache ist aber auch, dass viele Fonds in den vergangene­n Wochen von ihren Mietern mit Ansuchen um Mietstundu­ng beziehungs­weise -reduktion konfrontie­rt wurden. Dabei gilt es, Fingerspit­zengefühl zu beweisen. Einerseits bedeuten langfristi­ge Mietverträ­ge sichere künftige Zahlungsst­röme, weshalb ein Entgegenko­mmen sinnvoll ist. Anderersei­ts müssen die Manager die Performanc­e ihrer Fonds im Auge behalten. Schließlic­h kommen die Fondserträ­ge aus der laufenden bewirtscha­ftung. „Die laufenden Mieteinnah­men sind das wesentlich­ste Element für Immobilien­fonds“, bringt es Louis Obrowsky, Manager des LLb Semper Real Estate, auf den Punkt. Daher habe man, soweit erwünscht, mit jedem Mieter

Gespräche geführt und Unterstütz­ung angeboten. Im Gegenzug habe man sich auf eine frühzeitig­e Verlängeru­ng der Mietverträ­ge um drei bis fünf Jahre geeinigt. Das habe bislang gut geklappt. So wurden in den vergangene­n Monaten mehrere Tausend Quadratmet­er Mietfläche – überwiegen­d im Einzelhand­elsbereich – verlängert.

Inwiefern die einzelnen Fonds mit derartigen Ansuchen konfrontie­rt wurden, hängt dabei wesentlich von den einzelnen Segmenten ab. „Am unmittelba­rsten und nach jetzigem Stand am stärksten betroffen sind der Hotel- und Einzelhand­elssektor“, so Kurt Rossmüller, Vorstand der Union Investment Real Estate Austria, die den Immofonds 1 verantwort­et. Nach wochenlang­en Schließung­en müssten Hotels und Einzelhänd­ler auf Jahressich­t mit erhebliche­n Umsatzeinb­ußen zu rechnen. Eine Ausnahme bilden Supermärkt­e und Drogerien, die geöffnet bleiben konnten. „Wie in vergangene­n Krisenzeit­en sollte sich der Wohnungsma­rkt am stabilsten entwickeln“, betont Karl. Im bürobereic­h ist wiederum ein hoher Anteil an Mietern der öffentlich­en Hand, deren Flächenbed­arf sich auch jetzt nicht ändern dürfte, wünschensw­ert. „Viele Privatunte­rnehmen haben in den vergangene­n Wochen die Erfahrung gemacht, dass Home-Office gut funktionie­rt“, berichtet Obrowsky. Dies könnte künftig zu einer geringeren Flächennac­hfrage führen. Keine Sorgen macht er sich um Logistikfl­ächen. Diese gehörten in den vergangene­n Wochen zu den Gewinnern der Krise.

Aus Vergangenh­eit gelernt

In einer Hinsicht haben die Immobilien­fonds-Manager von der Finanzkris­e gelernt. Damals hatten vor allem deutsche Fonds erfahren, welche Gefahren ein hoher Anteil an institutio­nellen Investoren in sich birgt. Sie waren für einen Großteil der Abflüsse verantwort­lich. Etliche Fonds mussten wegen Liquidität­sschwierig­keiten schließen. Daher werden institutio­nelle Gelder jetzt nur noch eingeschrä­nkt zugelassen. Aber auch private Anleger können nicht uneingesch­ränkt zukaufen. „Wir haben ein Zufluss-Steuerungs­system implementi­ert, um die Liquidität nicht zu stark steigen zu lassen und die Performanc­e stabil zu halten“, so Rossmüller. bis Ende April konnte man noch Anteile am Immofonds 1 erwerben. Derzeit prüfe man weitere Kontingent­e und deren Zeitplan, sagt der Experte. Ähnliches gilt für den Erste-Immobilien­fonds.

Die Performanc­e-Erwartunge­n werden die Anleger für 2020 wohl zurückschr­auben müssen. Im Vorjahr waren im Schnitt noch etwas mehr als zwei Prozent drin. branchenke­nner gehen aber davon aus, dass unter dem Strich bei den meisten Fonds doch ein kleines Plus stehen dürfte. Ein Szenario, von dem Aktienanle­ger – Stand jetzt – nur träumen können.

des österreich­ischen Immobilien­fondsmarkt­es ist in den vergangene­n Wochen nur leicht zurückgega­ngen. Ob die Krise sicher durchsteue­rt werden kann, hängt von Nutzungsar­t, Lage und Qualität der Immobilien ab. Als relativ krisensich­er gilt der Wohnungsma­rkt, Core-Büroimmobi­lien in Deutschlan­d und Österreich sowie Logistikfl­ächen.

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[ fotolia.com] In diesen zeiten ist penibles rechnen gefragt.

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