„Es ist nicht so, dass nichts passiert“
Standort. Wirtschaftskammerchef Mahrer will, dass Unternehmer schneller über Rahmenbedingungen der Öffnung informiert werden. Kritik an der zögerlichen Hilfe versteht er „teilweise“.
Wien. „Wer jetzt konsumiert, der hilft seinem Land“, sagt Wirtschaftskammerchef Harald Mahrer und spielt damit nicht nur auf die heutige Öffnung der Gasthäuser an. Der heutige Freitag sei ein „entscheidender Tag“, meint er. Er werde hoffentlich dazu führen, dass sich „die Stimmung im Land dreht“. Fast scheint es, als würde das Wirtshausgehen zum patriotischen Akt. Die Wirtschaftskammer hat sogar den volkswirtschaftlichen Effekt von zwei Apfelsaft gespritzt errechnet. Würde jeder Österreicher diese wöchentlich im Wirtshaus trinken, wären 1253 Jobs in der Gastronomie, 78 in der Baubranche, 38 bei Versicherungen und 41 in der Landwirtschaft gerettet. Insgesamt 2000 Jobs. Das Beispiel anhand eines Krügel Bier durchzurechnen, war den Wirtschaftskämmerern dann doch zu alkoholisch. Es hagelt ohnehin schon genügend Kritik von Unternehmern, die noch immer auf Hilfsgelder warten.
Deren Stimmung wird durchs Wirtshausgehen allein wohl nicht viel besser werden. Mahrer räumt ein, dass es eine „Gruppe von Unternehmern“gibt, die hier wenig bis keine Hilfe erhalten haben. Die Kritik sei „teilweise“berechtigt. Und es gebe „Branchen, die noch immer keine Perspektive haben“. Aber: „Es ist nicht so, dass nichts passiert“, betont er. Dass Unternehmer aus dem Härtefonds teilweise weniger als 100 Euro pro
Monat bekommen haben, stellt er nicht in Abrede. Es gebe aber eine „große Verwirrung“, was die Rolle des Härte- und des Hilfsfonds betrifft. Der Härtefonds sei nur als Nothilfe für Selbstständige, nicht als betriebliche Unterstützung gedacht. Hier sei eine bessere Kommunikation notwendig, gesteht Mahrer ein.
Steuerentlastung vorziehen
Um die Stimmung auch bei den Unternehmern zu drehen, fordert Mahrer eine „so groß wie mögliche Entlastung auf der Steuerseite“. Teile der ab 2021 geplanten Steuerreform sollten „auf den frühest möglichen Zeitpunkt“vorgezogen werden.
„Unternehmer wollen nicht Bittsteller beim Staat sein“, sagt Mahrer. Er will zuerst eine Entlastung der kleinen Einkommen – also auch der kleinen Unternehmen. Er macht sich auch für ein Gemeinde-Paket stark. Die Kommunen sollen mehr Geld für Infrastrukturprojekte erhalten. Davon soll vor allem die lokale Wirtschaft profitieren. Wichtig sei es nun, die „Konsum- und Investitionszurückhaltung“zu durchbrechen. Es sei natürlich verständlich, dass viele nun um ihren Arbeitsplatz fürchten und deshalb „das Geldbörsel enger am Körper halten“. Dies sei aber „Gift für die Volkswirtschaft“.
Verärgert ist der Wirtschaftskammerpräsident darüber, dass
Verordnungen viel zu spät erlassen werden. Unternehmen brauchen Planbarkeit. Es könne nicht sein, dass etwa Hoteliers noch immer nicht wissen, unter welchen Rahmenbedingungen sie in zwei Wochen aufsperren dürfen. „Die Betriebe brauchen Zeit, um sich vorzubereiten, um ihr Personal zu schulen.“Man müsse endlich davon abkommen, Verordnungen „aus der Hüfte“zu schießen.
Klare Rahmenbedingungen
Aber ist nicht die Wirtschaftskammer maßgeblich in die Erstellung eben dieser Rahmenbedingungen involviert? Mahrer spielt den Ball ans Gesundheitsministerium. Seine Experten haben die Regeln für Gastronomie, Hotellerie und Handel zügig aufbereitet. Aber am Ende dauere es dann, bis das Ganze auch von den Gesundheitsexperten abgesegnet werde. „Es muss schneller entschieden werden“, kritisiert Mahrer.
Mahrer fordert auch eine „Vergleichbarkeit der Kriterien“. Auf der einen Seite dürfen endlich wieder kleinere Kulturveranstaltungen stattfinden, aber Hochzeiten bleiben weiterhin verboten. Hochzeiten und Geburtstagsfeiern seien für die meisten Gaststätten enorm wichtig. Es sei „nicht logisch, nicht vertrauensbildend und trägt nicht zu einer besseren Stimmung bei“, wenn die Regeln nicht nachvollziehbar sind. „Manche Dinge sind zu sicherheits- und gesundheitsbestimmt“, sagt der Wirtschaftskammerpräsident.