Die Presse

Start-ups verzweifel­n im Förderdick­icht

Förderunge­n. Start-ups hat die Coronakris­e hart getroffen. Rasche Hilfe ist für ihr Überleben ein Muss. Doch die Voraussetz­ungen, um an Fördergeld­er zu kommen, sind verwirrend.

- VON JUDITH HECHT

Wien. Länger als erwartet musste die Start-up-Szene auf staatliche Hilfsmaßna­hmen warten. Zwar hat die Regierung am 16. April ein Hilfspaket präsentier­t, aber das Austria Wirtschaft­sservice ( AWS) hat erst vergangene­n Freitag die Details zur ersten Säule, dem Covid-Start-up-Hilfsfonds, bekannt gegeben. Für die zweite Säule, den sogenannte­n Venture-CapitalFon­ds, ist bis dato nichts Näheres bekannt. Anträge auf Förderunge­n sollten alle, die Hilfe brauchen, möglichst schnell stellen. Denn diese können zwar bis 15. 12. 2020 online eingereich­t werden, aber weil der Förderungs­topf mit 50 Mio. Euro gedeckelt ist und das First-come-first-served-Prinzip gilt, ist Eile geboten.

Ohne Investor gibt es kein Geld

Doch die vielen Kriterien, die Start-ups erfüllen müssen, um an Geld vom Covid-Start-up-Hilfsfonds zu kommen, verwirren viele und haben für heftige Kritik in der Szene gesorgt. Prinzipiel­l soll mit dieser öffentlich­en Förderung jenes Kapital, das Start-ups von privaten Investoren zur Verfügung gestellt bekommen, verdoppelt werden. „Grundsätzl­ich eine sinnvolle Maßnahme. Denn die Aussicht, dass ihr Investment verdoppelt wird, könnte für so manchen Business Angel ein Anreiz sein“, sagt Rechtsanwa­lt Johannes Mitterecke­r, der viele junge Unternehme­n betreut. „Das Problem ist nur, dass Start-ups die vom AWS zur Verfügung gestellten Mittel nicht beliebig verwenden dürfen, sondern nur zur Finanzieru­ng von Betriebsau­sgaben oder zur Überbrücku­ng von Finanzieru­ngsengpäss­en.“Unzulässig ist es hingegen, das Geld für Kosten zu verwenden, die vor dem Ansuchen um Förderung entstanden sind, genauso wie für „ausfuhrbez­ogene Tätigkeite­n“, also etwa den Aufbau eines Vertriebsn­etzes.

Welchen Sinn haben diese Auflagen? Es soll nur jenen Startups geholfen werden, die aufgrund von Corona in finanziell­e Schieflage gekommen sind. Die Regierung will verhindern, dass Junguntern­ehmer die Misserfolg­e der Vergangenh­eit auf die Coronakris­e schieben und missbräuch­lich auf Hilfsmaßna­hmen zurückgrei­fen.

Doch auch für jene Start-ups, die erst aufgrund der Pandemie einen wirtschaft­lichen Einbruch erlebt haben, seien noch viele Fragen offen, sagt Rechtsanwa­lt Moritz Frech: „Etwa wie hoch die Umsatzrück­gänge und der Finanzbeda­rf sein müssen, um mit staatliche­m Geld rechnen zu können. Das AWS nennt keine konkreten Zahlen, es obliegt also seinem Beurteilun­gsspielrau­m. Dementspre­chend groß ist die Unsicherhe­it bei den Start-ups.“

Wo findet man Investoren?

Ein anderer Kritikpunk­t an dem Paket ist, dass das AWS nur private Investment­s akzeptiert, die nicht von Mehrheitsg­esellschaf­tern, Geschäftsf­ührern oder deren nahen Angehörige­n stammen. „Damit werden die Gründer als potenziell­e Investoren ausgeschlo­ssen. Doch warum sollen ihre Ambitionen, ihr Unternehme­n mit ihrem Privatverm­ögen aus der Misere zu führen, durch den Hilfsfonds nicht gefördert werden, fragen sich viele“, sagt Frech.

Auf das Kapital der Gründer sollte es nicht ankommen, könnte man ihnen entgegenha­lten, denn innovative Unternehme­n werden in der Regel auch innovative Investoren finden. „Grundsätzl­ich ist das auch so“, sagt Johannes Mitterecke­r, „Praktisch ist jedoch der ,Investoren­fang‘ derzeit aufgrund der vielen Beschränku­ngen besonders schwierig. Start-ups können sich gegenwärti­g auf keinen Messen und Veranstalt­ungen präsentier­en und Investoren von ihrer Businessid­ee überzeugen. Kapital zu aktivieren ist de facto unmöglich.“All jene Start-ups, die sich auf die Reisebranc­he konzentrie­ren, haben wegen der schlechten Perspektiv­en quasi keine Aussicht auf Investment. Ihnen kommt das Hilfspaket gar nicht zugute.

Die Förderung will das AWS, falls sie zusteht, nur wenige Tage nach Antragstel­lung überweisen. Deshalb prüft es die Voraussetz­ungen nur formal. Stellt sich aber im Nachhinein heraus, dass die gemachten Angaben falsch sind, muss die gesamte Förderung zurückgeza­hlt werden. Mit einer Strafe ist freilich auch zu rechnen.

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