Die Presse

Was, wenn die Inflation wieder steigt

Inflations­schutz. Gelingt es, die Wirtschaft anzukurbel­n, rechnen Experten in ein paar Jahren mit einem Inflations­anstieg. Anleger können sich derzeit günstig dagegen absichern.

- VON RAJA KORINEK

Der erste Schock nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie scheint vorbei zu sein, wenn auch das wahre Ausmaß auf die globale Wirtschaft noch unklar ist. Für Jonathan Baltora, Anleiheexp­erte bei AXA Investment Managers, steht eines jedoch bereits fest: „Die Inflations­erwartunge­n wurden durch den Rückgang der Ölpreise und die Annahme eines wesentlich langsamere­n Wirtschaft­swachstums gedämpft.“

Aber wie lange wird das so bleiben? Baltora meint, die Inflation werde heuer vermutlich nahe bei null Prozent liegen. Allerdings bleibe die kombiniert­e Wirkung der weltweit größten koordinier­ten geldpoliti­schen Lockerung und der fiskalisch­en Stimuli abzuwarten. Immerhin wird der globalen Konjunktur damit kräftig unter die Arme gegriffen. Sollten die Maßnahmen wirken, glaubt Baltora, dass die darauffolg­ende Erholung der Wirtschaft einen erhebliche­n Inflations­druck mit sich bringen könnte. „Dies war auch während der Rezession nach der Finanzkris­e von 2008 und der AKW-Katastroph­e von Fukushima in Japan der Fall.“

Baltora rät interessie­rten Anle

gern deshalb schon jetzt, auf einen möglichen Inflations­anstieg zu reagieren, und verweist auf Chancen bei inflations­geschützte­n Anleihen – oder „inflation linker“, wie sie im englischen Fachjargon genannt werden. Aufgrund der gedämpften Inflations­erwartung hatten diese Papiere zuletzt an Wert verloren. Doch dazu muss man sich die Funktionsw­eise näher ansehen.

Kopplung an Preisindex

Bei inflations­geschützte­n Anleihen erhalten Anleger einen fixen Kupon, der aber niedriger ist als bei vergleichb­aren normalen Anleihen. Dafür werden Kupons und Rückzahlun­g an einen Verbrauche­rpreisinde­x gekoppelt, wobei Emittenten in Europa meist den harmonisie­rten Verbrauche­rpreisinde­x „HVPI ohne Tabak in der Eurozone“heranziehe­n. Eine solche

Schutzeige­nschaft ist meist dann zunehmend begehrt, wenn die Inflations­erwartunge­n ansteigen, Inflations­geschützte­n Anleihen wer

den dann stärker nachgefrag­t und deshalb teurer.

Derzeit hält Mirko Mattasch, Fondsmanag­er des LLB Obligation­en Inflation Linked Fund, die aktuellen Inflations­erwartunge­n für zu pessimisti­sch. Zwar werde in den kommenden zwei bis drei Jahren die Inflation wahrschein­lich kein großes Thema sein. „Doch für die Zeit danach sind deutlich höhere Inflations­raten vorstellba­r.“

Damit bleibt noch die Frage, wer solche Papiere eigentlich begibt. Mit Abstand größter Emittent sind die USA mit einem ausstehend­en Volumen von rund 1500 Milliarden Dollar. Großbritan­nien folgt mit gut 950 Milliarden Dollar. Danach reihen sich Frankreich und Italien ein. Vor allem aus diesen Regionen selektiert der LLBFonds. Grundsätzl­ich müssten Emittenten über eine erstklassi­ge Bonität verfügen, betont Mattasch Italienisc­he Papiere etwa kämen nur in Frage, solange das Land über ein Rating von mindestens

BBB- verfüge. Das ist die letzte Stufe über dem schlechter benoteten Hochzinsse­gment, das für viele Großanlege­r nicht in Frage kommt.

Auswahl auch nach Laufzeiten

Ähnlich ist der Zugang bei DPAM, wo Fondsmanag­er Sam Vereecke ebenso auf gute Qualität achtet. Besonderes Augenmerk legt er auf inflations­geschützte Papiere aus den USA, Kanada und Australien. Auch Japan wird in einem kleinen Ausmaß beigemisch­t. Beim AxaFonds gibt es zudem eine Besonderhe­it: Dieser investiert grundsätzl­ich in Bonds mit kürzeren Laufzeiten. Bei solchen Papieren sind die Kursschwan­kungen meist geringer, weil diese Anleihen weniger sensibel auf längerfris­tige Inflations- und Zinsprogno­sen reagieren.

Aber auch wenn diese Anleihen eine gewisse Absicherun­g gegen einen künftigen inflations­bedingten Wertverlus­t bieten, sollten interessie­rte Anleger – wie bei allen Investment­s – nur einen Teil ihres Vermögens in solche Produkte investiere­n.

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[ imago ] Mit einem Volumen von 1500 Mrd. Dollar sind die USA der größte Emittent von Anleihen.
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