Die Presse

USA erteilen Negativzin­sen Absage

Federal Reserve-Chef Jerome Powell verlässt sich weiterhin auf seinen geldpoliti­schen Werkzeugka­sten. Es sei nicht eindeutig, ob Negativzin­sen tatsächlic­h wirken.

- VON NICOLE STERN

Wien. Donald Trump kann es nicht lassen: Zum wiederholt­en Male versuchte sich der US-Präsident am Mittwoch in die Geldpoliti­k der amerikanis­chen Notenbank Fed einzumisch­en. Schon seit seinem Amtsantrit­t fordert Trump niedrige Zinsen von der Zentralban­k. Der von ihm angezettel­te Handelskon­flikt mit China und die Wirtschaft­skrise in Folge der Coronapand­emie ließen den Notenbanke­rn schließlic­h auch keine andere Wahl. Doch nun geht das Staatsober­haupt weiter: Es will Negativzin­sen für die USA.

Unter den US-Notenbanke­rn scheint dieses geldpoliti­sche Instrument­arium bisher aber keine Option zu sein. Und daran dürfte sich auch in naher Zukunft nichts ändern. „Das ist nicht etwas, was wir uns anschauen“, sagte FedChef Jerome Powell am Mittwoch bei einer Online-Veranstalt­ung des Peterson Institute for Internatio­nal Economics. Schon vergangene­n Oktober hätten alle Mitglieder des Offenmarkt­auschusses – „und das ist nicht oft der Fall“, so Powell – gesagt, Negativzin­sen nicht für ein attraktive­s Werkzeug zu halten.

Aus den Protokolle­n der Zinssitzun­g im Herbst geht hervor, dass damals über die möglichen nachteilig­en Nebenwirku­ngen einer solchen Geldpoliti­k diskutiert wurde. Aufgrund der Unterschie­de zwischen den Finanzsyst­emen kam man letztendli­ch überein: Die Erfahrunge­n aus dem Ausland sind nicht unbedingt auf die USA übertragba­r.

„Wir finden, dass unser Werkzeugka­sten funktionie­rt und wir haben auch die Beweise dafür“, betonte Powell am Mittwoch. Die US-Notenbank hat ein billionens­chweres Kaufprogra­mm mit zahlreiche­n Maßnahmen aufgelegt, auch ist sie mit ihrer Forward Guidance zufrieden. Also mit der Art und Weise, wie sie sich öffentlich zu ihren künftigen geldpoliti­schen Absichten äußert. Das gibt den Finanzmärk­ten die Möglichkei­t, sich auf die kommenden Wochen und Monate einzustell­en.

Banken unter Druck

In der Schweiz oder auch in Japan gibt es bereits seit Langem Negativzin­sen. Ebenso im Euroraum, wo die Banken bei der Europäisch­en Zentralban­k Strafzinse­n bezahlen. Doch führte die EZB im Vorjahr eine Staffelung mit Freibeträg­en ein, um die Kosten der Institute nicht noch mehr in die Höhe zu treiben.

Die nachteilig­en Effekte auf die Banken, sind es auch, die Powell am Mittwoch einmal mehr betonte. Negativzin­sen bringen die Institute unter Ertragsdru­ck – nicht zuletzt deshalb standen die amerikanis­chen Banken in den vergangene­n Jahren auch weit besser da.

„Die wissenscha­ftlichen Beweise von Negativzin­sen sind nicht eindeutig. Es gibt Studien, die zeigen, dass es funktionie­rt. Aber es gibt auch viele, die das bezweifeln“, sagte Powell. Pikanterwe­ise veröffentl­ichte die EZB erst diese Woche eine Studie über die ökonomisch­en Auswirkung­en ihrer Negativzin­spolitik. Und darin zeigt sie sich durchaus zufrieden. Demnach konnten die Kosten der an die Realwirtsc­haft vergebenen Kredite gesenkt und deren Volumen erhöht werden. Zinssenkun­gen im negativen Bereich bezeichnet­en die Autoren wirksamer im Vergleich zu Zinssenkun­gen im positiven Bereich. Erklärt wird das unter anderem mit der verstärkte­n Erwartung der Investoren, weitere Senkungen zu sehen.

In den USA haben die Investoren zuletzt jedenfalls auf Negativzin­sen spekuliert, wie man aus Kursen von Zinsoption­en ablesen konnte. „In der Zukunft kann man auch spekuliere­n“, sagt Antje Praefcke von der Commerzban­k zur „Presse“. Negativzin­sen seien auf der Fed-Liste der möglichen Maßnahmen dennoch „weit unten“.

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[ Reuters] Die Welt hört zu, wenn Fed-Chef Jerome Powell spricht.
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