Die Presse

Die Tage sind ineinander verronnen

- VON FRIEDERIKE LEIBL E-Mails an: friederike. leibl- buerger@diepresse.com

Das

Phänomen kennt man aus den großen Ferien. Zuerst vergeht die Zeit unendlich langsam. Schriebe man Tagebuch, wäre täglich etwas zu berichten. Soviel Neues passiert, so viele Gedanken jagen durch den Kopf. Nach einigen Wochen beginnen die Tage ineinander zu verrinnen, ist heute Montag oder Dienstag? Wochenende oder Werktag? Egal. Die Hektik ist vergangen. Auch die Grenzen zwischen Langeweile und Müdigkeit sind fließend. Je mehr man schläft, desto mehr kann man schlafen. (Ähnlich ist es beim Essen.)

Nun geht die Schule wieder los. Die Haare sind länger geworden, die winterlich­e Blässe ist verschwund­en, die Jungen sind ein ganzes Stück gewachsen, die Älteren ein bisschen verknitter­t. Es waren keine Ferien. Es ist mit nichts zu vergleiche­n, was wir bisher gemeinsam erlebt haben. Alle Versuche, Vertrautes zu finden, sind dem Bemühen geschuldet, die Dinge einzuordne­n, wieder die Kontrolle zu erlangen.

Auch wer Zeit im Garten hatte und dem Zustand Gutes abringen konnte, spricht nicht von Erholung wie nach einem langen Sommer. Die Gedanken sind erschöpft. Nicht wenige, die sich lange auf Treffen mit Freunden gefreut hatten, fühlen sich nun etwas menschensc­heu. Wollen wir uns sehen? Es ginge ja, aber warten wir noch ein wenig vielleicht. Wenn der Gips ab ist, humpelt man auch ein wenig anfangs. Das ist im Kopf, hat damals der Arzt gesagt.

Fußballspi­ele wird es bald wieder geben, allerdings ohne Zuseher. Wie seltsam das anmutet, war schon vor der Sperre zu erleben. Die Fans fehlen, die Lieder, die Kulisse. Die Zurufe der Trainer hallen von den leeren Rängen wieder. Auf Sky können Zuschauer nun eine Option auswählen, die Gesänge und Reaktionen aus der Konserve einspielt. Man kennt die Praxis aus SitComs mit eingespiel­ten Lachern. Und hasst es.

Fallen Tore, dürfen Spieler einen kurzen Ellbogench­eck machen. Sonst gilt: Keine Umarmungen. Nicht spucken. Emotionen sind dennoch erlaubt.

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