Die Presse

Slowenien öffnet seine Grenzen für alle EU-Bürger

Analyse. Die Regierung in Ljubljana erklärt die Epidemie für beendet und hebt die Einreisebe­schränkung­en weitgehend auf. Österreich indes kontrollie­rt weiter an der Grenze zu Slowenien, wo der Ärger über das Nachbarlan­d wächst.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS ROSER

Belgrad/Ljubljana/Wien. Selbst die eigenen Landsleute hat Sloweniens Premier, Janez Jansa,ˇ mit der sofortigen Aufhebung aller Einreisebe­schränkung­en für EU-Bürger überrascht. Noch am Donnerstag hat der Chef der rechtspopu­listischen SDS im Parlament erklärt, dass mit dem formalen Ende der Epidemie erst Ende Mai zu rechnen sei, wenn das Hilfspaket für die Wirtschaft auslaufe.

Doch nach einer Kabinettss­itzung erklärte die Regierung in Ljubljana die Epidemie für offiziell beendet und verkündete den Blitzvollz­ug: Als erstes EU-Mitglied hat Slowenien die Einreisebe­schränkung­en für EU-Bürger weitgehend aufgehoben. Seit Freitag können im Prinzip alle EU-Bürger an den Grenzüberg­ängen zu Österreich,

Ungarn, Kroatien und Italien sowie über die Häfen und Flughäfen des Landes ohne Quarantäne­pflicht nach Slowenien einreisen. Die Regelung ist laut Auskunft der slowenisch­en Botschaft in Wien auch für andere in EU-Staaten gemeldete Staatsbürg­er gültig. Einreisend­e aus Drittlände­rn sind indes wie bisher zu einer 14-tägigen Selbstquar­antäne verpflicht­et.

Slowenien sei mit seinen „seit Wochen sehr guten Werten“sowohl bei der Bekämpfung der Coronapand­emie als auch bei der Umsetzung der Empfehlung­en der EU-Kommission zur Reisefreih­eit der „Vorreiter“, sagte Ksenija Skri-ˇ lec, Sloweniens Botschafte­rin in Österreich, gegenüber der „Presse“.

Allerdings sei auch künftig an den Grenzen mit „stichprobe­nartigen Gesundheit­skontrolle­n“zu rechnen: „Nicht slowenisch­e Reisende, bei denen der Verdacht auf eine Covid-19-Infektion besteht, können zurückgewi­esen werden.“

Umgekehrt tritt Wien in Sachen Grenzöffnu­ng vorläufig weiter auf die Bremse: Für die Einreise nach Österreich ist bis 31.Mai weiter die Vorlage eines aktueller Coronatest­s oder eine 14-tägige Quarantäne vonnöten.

Adria-Urlaub rückt in Sicht

Österreich kommunizie­re in Sachen Grenzöffnu­ng nur in Richtung der Staaten, die für den heimischen Tourismus am wichtigste­n seien – Deutschlan­d und Tschechien, obwohl Slowenien das „unproblema­tischste Land“sei, ärgert sich ein Diplomat in der slowenisch­en Hauptstadt, Ljubljana.

Doch ob nun im Mai oder erst Mitte Juni die letzten Grenzhürde­n fallen werden: Ein Sommerurla­ub an der Adria scheint wieder in Sichtweite. Denn auch in Kroatien sind die Grenzen durchlässi­ger geworden. Die Ausnahmefä­lle, in denen EU-Bürgern seit 9. Mai die Einreise nach Kroatien gestattet ist, sind mit „geschäftli­chen persönlich­en Interessen“sehr schwammig definiert: Zuletzt stritten sich Kroatiens Innenminis­ter und der Chef des Krisenstab­s öffentlich darüber, ob darunter auch Touristen mit gebuchten Hotels fallen. Sicher ist, dass schon jetzt EU-Bürger, die ein Ferienhaus oder eine Jacht in Kroatien besitzen, wieder einreisen können.

Mit 1464 bestätigte­n Infektione­n und 103 Todesfälle­n weist Slowenien die besten epidemiolo­gischen Werte aller Alpenstaat­en auf: In den vergangene­n 14 Tagen wurden nur 35 neue Infektione­n registrier­t. Trotz der Lockerung der Grenzregel­ungen bleiben die Bestimmung­en zur Einhaltung der sozialen Distanz in Kraft.

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