Die Presse

Rot ist warm, aber rund nicht weiblich

Farb- und Formenspra­che der Kunst nicht universell.

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In der Betrachtun­g von Kunst haben sich intuitive Annahmen über die Wirkung bestimmter Farben und Formen – wie etwa warmes Rot, weibliche runde Linien oder traurige gedeckte Töne – als Allgemeinp­lätze durchgeset­zt. Forscherin­nen und Forscher des interdiszi­plinären Aesthetik-Labs der Universitä­t Wien haben die vermeintli­ch universell­en Attribute ästhetisch­er Elemente nun in einer Studie genauer untersucht – und viele widerlegt. ( Plos One, 13. 5.).

Gemeinsam mit einer Kunsthisto­rikerin konstruier­te die Psychologi­n Eva Specker dafür Skalen besonders häufig in der Kunstbesch­reibung verwendete­r Eigenschaf­ten wie warm und kalt, männlich und weiblich, aggressiv und friedlich – insgesamt waren es 14 Stück. Auf diesen Skalen bewerteten zwei Gruppen – Kunstexper­ten und Laien – eine Reihe abstrakter Bilder von Wassily Kandinsky, Joan Miro´ und Fritz Winter. Aus den gleichen Werken sollten sie auch isolierte Elemente, sowohl Farben als auch Formen, bewerten. Um zu überprüfen, wie robust die Daten sind, wurde die Studie sowohl mit denselben als auch mit einer zweiten Charge an Teilnehmer­n repliziert.

Betrachter meist uneinig

„Die Übereinsti­mmung der Teilnehmer war wesentlich geringer als angenommen“, fasst Specker die Studienerg­ebnisse zusammen. Nur bei drei von 14 Eigenschaf­tspaaren – nämlich „warm/kalt“, „schwer/leicht“und „fröhlich/traurig“– waren sich die Betrachter einig, überall sonst hatten die Bilder ganz unterschie­dliche Wirkungen, sowohl bei den Kunsthisto­rikern als auch bei den Laien.

Die Ursache der unterschie­dlichen Bewertunge­n lasse sich indes nicht aus der Studie ableiten. Läge es an sozial gelernten Interpreta­tionen, müssten diese Effekte bei den Experten größer sein als bei den Laien – das seien sie aber nicht, betont Specker. (APA/däu)

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