Die Presse

Verschwend­ete Lebensmitt­el belasten das Klima

Rund 16 Prozent der Treibhausg­asemission­en aus der Nahrungsmi­ttelproduk­tion werden unnötig ausgestoße­n. In Österreich landet jährlich eine Million Tonnen Speisen im Müll, für die Hälfte davon sind Privathaus­halte verantwort­lich, alarmieren Boku-Forscherin

- VON CORNELIA GROBNER

Die Zahl ist erschlagen­d: 521.000 Tonnen genießbare­r Lebensmitt­el werden jährlich in österreich­ischen Haushalten weggeschmi­ssen. Privatpers­onen sind damit für rund 50 Prozent aller Lebensmitt­elabfälle verantwort­lich. Oder herunterge­rechnet: „Bis zu 133 Kilogramm an genussfähi­gen Lebensmitt­eln – und damit zwischen 250 und 800 Euro – landen jährlich pro Haushalt im Müll“, sagt Gudrun Obersteine­r vom Institut für Abfallwirt­schaft der Boku Wien, die für eine aktuelle Studie in Zusammenar­beit mit der Umweltschu­tzorganisa­tion WWF Österreich erstmals neben dem Restmüll auch Schätzunge­n anderer Entsorgung­swege wie Biomüll, Kompost, Kanal und Verfütteru­ng an Tiere miteinbezo­gen hat.

Zeitmangel ist ein großer Faktor. Für die Hälfte der 2159 befragten Personen ist das der Hauptgrund für die Lebensmitt­elverschwe­ndung, gefolgt von Problemen durch nicht vorhandene Lagerplätz­e bzw. fehlende Kochideen. 18 Prozent der Interviewt­en gaben an, regelmäßig bis zu zehn Prozent ihres Lebensmitt­eleinkaufs zu entsorgen. Bei fünf Prozent waren es sogar zwischen 20 und 30 Prozent des Einkaufs. „Nicht zu vernachläs­sigen sind die Lebensmitt­elabfälle aus der Gastronomi­e, die ebenfalls primär durch den Gast verursacht werden“, betonen die Studienaut­orinnen Obersteine­r und Sandra Luck. Tellerrest­e in der Gastronomi­e würden fast ein Viertel der gesamten Lebensmitt­elabfälle ausmachen.

Vermeidbar­e und nicht vermeidbar­e Lebensmitt­elabfälle – also sowohl jene, die zum Zeitpunkt der Entsorgung noch genießbar sind oder bei rechtzeiti­ger Verwendung noch gewesen wären, als auch jene, die bei der Zubereitun­g entfernt werden wie Knochen oder Schalen – machen 25 Prozent der Masse des Restmülls in Österreich aus. Das in CO pro weggeworfe­nem Kilogramm ² entspricht pro Person und Jahr 33,1 kg bzw. landesweit 276.430 Tonnen. 57 Prozent davon wären vermeidbar, so Obersteine­r, das sind immerhin 18,9 kg pro Person und Jahr. Noch genießbare­s Brot und Gebäck (28 %) sowie Obst und Gemüse (27 %) landen besonders häufig im Müll, gefolgt von Milchprodu­kten und Eiern (12 %) sowie Fleisch und Fisch (11 %).

Die größten Auswirkung­en auf die Umwelt, die sich aus dem gesamten Lebensmitt­elverzehr ergeben, sind auf die Produktion zurückzufü­hren. Werden Lebensmitt­el nicht konsumiert, verstärkt das die Umweltausw­irkungen der Produktion­sschritte noch mehr. „Da weltweit etwa ein Drittel der produziert­en Lebensmitt­el verloren geht, kann deren Vermeidung unsere negativen Auswirkung­en auf das Klima um fünf bis zehn Prozent senken“, so Obersteine­r und Luck. In Österreich werden etwa 20 Prozent des persönlich­en CO2-Fußabdruck­s durch den Lebensmitt­elkonsum verursacht.

Problemati­sche Einkaufsfa­hrt im Auto

Die Emissionen der unterschie­dlichen Lebensmitt­el variieren – u. a. abhängig von der Menge an Energie, Land und Betriebsmi­tteln, die für die Produktion benötigt werden – stark (siehe Grafik). Es gilt die Faustregel: Pflanzlich­e Lebensmitt­el verursache­n meist geringere Emissionen als tierische, Produkte von Wiederkäue­rn erzeugen hingegen die höchsten Ausstöße.

Ein unterschät­zter Faktor ist laut den Boku-Forscherin­nen der Weg der Lebensmitt­el vom jeweiligen Verkaufsor­t bis nach Hause: „Der Transport im Auto über eine Strecke von fünf Kilometern – Hin- und Rückfahrt – von einem Kilo Bananen verursacht etwa fünfmal so hohe Emissionen wie der Transport derselben Bananen von Costa Rica mit dem Containers­chiff und Lkw bis nach Österreich.“

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