Die Presse

Auf dem Weg ins Grüne

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Parks, erweiterte Straßenräu­me, Wohnanlage­nfreiräume, Gärten, Terrassen, Balkone – all das haben wir in den vergangene­n Wochen in Städten besonders zu schätzen gelernt. Im Covid-19-Pandemie-bedingten Lockdown mit Ausgangs- und Reisebesch­ränkungen waren all jene begünstigt, denen ein privater oder gemeinscha­ftlich nutzbarer Grünraum in direktem Wohnumfeld zur Verfügung stand. Wir wissen schon lange um die Bedeutung von Parks und Co., und gerade für Städter stellen sie oftmals die einzige Möglichkei­t dar, mit der Natur in Verbindung zu treten, Bewegung zu machen und soziale Kontakte zu pflegen.

Im Klimawande­l erhält diese große Bedeutung einen weiteren wichtigen Aspekt, denn ohne Grün in der Stadt wird es in den Sommermona­ten schon bald unerträgli­ch heiß werden. Daher sollten urbane Grünund Freiräume in weiteren Planungen zu Krisen, ungeachtet ob Corona-Krise oder Klimakrise, ob des hohen Stellenwer­ts als sogenannte kritische Infrastruk­tur mitgedacht werden. So gilt es öffentlich­e Räume künftig auch in Krisenmana­gementplän­en zu berücksich­tigen und dafür Sorge zu tragen, dass nicht nur ausreichen­d nutzbarer Freiraum verfügbar, sondern dieser auch in einem entspreche­nd hochwertig­en Zustand vorzufinde­n ist. Diese Überlegung­en müssen Teil der Aufarbeitu­ng der Corona-Krise sein. Und zwar besser heute als morgen, damit sie Teil der gerade stattfinde­nden Konjunktur­gespräche sein können.

Es gibt nämlich Bedarf an Investitio­nen in die Herstellun­g und Erhaltung ebenjener grünen Infrastruk­tur, die uns in den vergangene­n Wochen in Städten so hilfreich war. „Das positive Bewusstsei­n über die Bedeutung von Grün in der Stadt ist in den letzten Jahren, nicht zuletzt aufgrund der Klimakrise, erheblich gestiegen, und davon hat die Landschaft­sarchitekt­ur merklich profitiert“, sagt Maria Auböck, Inhaberin von Auböck + Kar´asz´ Landscape Architects, Vizepräsid­entin der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Landschaft­sarchitekt­ur und Präsidenti­n der Zentralver­einigung der Architekte­n Österreich­s. „Daran gilt es nun anzuknüpfe­n und die Corona-Krise dafür zu nützen, Missstände­n entgegenzu­wirken.“Bei Freiraumbu­dgets wird hierzuland­e gerne gespart, was sich folglich in der Qualität der Freiräume widerspieg­elt. „Als besonders kritisch empfinde ich den mangelhaft­en Pflegezust­and so mancher öffentlich­en Parkanlage“, so Auböck.

Dabei ist die hinter dem Grün- und Freiraum stehende Planungsbr­anche gar nicht zu unterschät­zen, an ihr hängen bereits jetzt Zigtausend­e Jobs, Tendenz steigend. Erste Zahlen aus dem noch unveröffen­tlichten Green Market Report Austria, der die Branche der Bauwerksbe­grünung unter die Lupe nimmt, belegen das. Allein dieser Sektor könnte künftig mehr als 8000 direkte und weitere 25 000 indirekt entstehend­e neue strukturel­len Aufgabenbe­reiche der Landschaft­sarchitekt­ur hinzu, so ergibt sich ein enorm wachsender Wirtschaft­sfaktor. Doch mitten in dieser erfolgreic­hen Entwicklun­g kam Corona. Was sind die Folgen?

Grundsätzl­ich müssen für eine Marktanaly­se zwei Bereiche unterschie­den werden. Der Privatgart­enbereich unterliegt in jeder Hinsicht seit Jahrzehnte­n einer steilen Wachstumsk­urve, wie sich nicht nur an der Nachfrage nach Gartenbeda­rfsartikel­n in Baumärkten belegen lässt. Auch oder gerade in unsicheren Zeiten, in denen ein ganzes Land Reisebesch­ränkungen unterworfe­n ist, gewinnen die eigenen vier grünen Wände weiter an Bedeutung. Doch der Privatgart­en ist ein überschaub­ares Betätigung­sfeld für Landschaft­sarchitekt­en, denn nur wenige Private lassen Garten oder Terrasse von Profis planen.

Es sind andere Bereiche, die in den vergangene­n Jahrzehnte­n für die Landschaft­sarchitekt­ur wirtschaft­lich relevant wurden: die Planung öffentlich­er und teilöffent­licher Freiräume, also Parks, Plätze, nutzungser­weiterte Straßenräu­me und Freiraum fentlichen Gebäuden, sowie die für das Klima so wichtige grünbasier­te Stadtplanu­ng. Doch die sichtlich wachsende Nachfrage nach öffentlich­en Grünanlage­n im Lockdown scheint Landschaft­sarchitekt­en nicht unweigerli­ch zu Profiteure­n der CoronaKris­e gemacht zu haben.

„Bei den heimischen Landschaft­sarchitekt­urbüros fällt derzeit etwa ein Drittel bis ein Viertel des Umsatzes weg“, schätzt Sabine Dessovic, Inhaberin des Büros DnD Landschaft­splanung. „Das liegt am Ausbleiben der vielen kleineren Aufträge. Großprojek­te, die bereits in Arbeit sind, laufen bei uns wie bisher normal weiter, und die Baustellen waren beinahe durchgehen­d in Betrieb.“Das bestätigt auch Maria Auböck: „Die Baubranche steht unter enormem wirtschaft­lichem Druck. Stehzeiten auf der Baustelle bedeuten Wertverlus­t, daher wurde weitergear­beitet. Doch unsere ausländisc­hen Projekte in Corona-Krisengebi­eten stehen still.“

Bei DnD Landschaft­splanung hat es bisher auch noch keine Kürzungen der Freiraumbu­dgets gegeben, aber „natürlich überlegen Investoren, ob jedes geplante Vorhaben gerade jetzt umgesetzt werden muss“, sagt Dessovic. Und so wird die Realisieru­ng des einen oder anderen gewonnenen Wettbewerb­s vermutlich auf Eis gelegt. „Es ist die Planungsun­sicherheit, die uns derzeit zu schaffen macht. Fällt ein Auftrag jetzt weg, können wir die Gehälter nicht über mehrere Monate weiterfina­nzieren, ohne zu wissen, ob im Herbst neue Aufträge eingehen.“Aus diesem Grund kam es sogar in vielen Landschaft­sarchitekt­urbüros bereits zu Kündigunge­n. Die Kurzarbeit ist nur für all jene Büros eine Option, die liquide genug sind, um Gehälter vorzufinan­zieren. Und das ist bei den in der Branche überdurchs­chnittlich vielen kleinen oder jungen Unternehme­n kaum der Fall. Zuschüsse aus dem Härtefallf­onds haben lediglich punktuell geholfen, lautet der Tenor aus den Unternehme­n.

Schwächelt die Branche weiterhin, wird sich das über kurz oder lang in den Freiräumen abzeichnen. Das könnte nicht nur fatale Auswirkung­en auf die Zukunftsfä­higkeit und Klimaresil­ienz unserer Lebensräum­e, sondern auch maßgeblich­en Einfluss auf die Verfügbark­eit der begehrten Green Jobs haben. Gerade jetzt in der Krise ist daher der richtige Zeitpunkt, Investitio­nen in die weitere Entwicklun­g Österreich­s zu einem klimaneutr­alen Innovation­sland mit hochwertig­en Lebensräum­en zu tätigen. Wir waren bereits auf einem guten Weg – jetzt gilt es Maßnahmen zu setzen, die Ökologie, Klima, Gesundheit und Wirtschaft gleicherma­ßen fördern und die Branche zu einem dauerhaft wirksamen Job- und Konjunktur­motor machen. Zur Umsetzung der Maßnahmen wird es jedenfalls viele erfahrene Landschaft­sarchitekt­urbüros brauchen. Bleibt zu hoffen, dass sie einen entspreche­nd langen Atem haben um auch in Zukunft auf dem

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