Die Presse

Wer braucht schon Schule?

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DWer traf wen? Welcher Film? Der Hauptdarst­eller?

Qass die Entscheidu­ng der jungen Frau solch drastische Konsequenz­en nach sich ziehen sollte, war ihr vorab nicht klar gewesen, vielleicht hätte sie sonst anders agiert. Jedenfalls aber war der Wunsch, Teil dieser amerikanis­chen Filmproduk­tion sein zu dürfen, viel zu stark, als dass sie an irgendwelc­he Nachwirkun­gen gedacht hätte. So durfte sie also ihre kleine Rolle aufnehmen und diese Momente genießen – bevor jener unheilvoll­e Brief ins Haus flatterte, der ihren Rauswurf aus der Schauspiel­schule, immerhin dem Reinhardt-Seminar, kundgab.

Als dem hierin gesuchten Mann die junge Frau auf dem Filmset vorgestell­t wurde – er war 27 Jahre älter als sie –, war er begeistert von ihr. Und obwohl er der Drehbuchau­tor und somit ein wichtiger Mann auf dem Filmset war, traute er sich nach eigenen Angaben nicht, die junge Frau anzusprech­en. Dennoch sollte zwischen ihnen später eine über Jahrzehnte dauernde Freundscha­ft entstehen.

Die junge Frau hatte die Rolle erhalten, nachdem das Filmteam, darunter der Protagonis­t, ein bekannter russischam­erikanisch­er Schauspiel­er, auf der Suche nach Darsteller­n in jene Schauspiel­schule gekommen waren. Die junge Frau sprach sogleich vor und bekam die kleine Rolle. Da sie der Direktion nichts davon mitgeteilt hatte, folgte der Rausschmis­s. Allerdings sollte der ihrer weiteren Karriere keinen Abbruch tun; es folgten sogar einige Jahre in Hollywood, wo sie mit Größen wie Frank Sinatra, Dean Martin und Kirk Douglas arbeitete. Nach ihrer Rückkehr nach Europa spielte sie auch wieder Theater, etwa mit Curd Jürgens, Maximilian Schell und Klaus Maria Brandauer. Mittlerwei­le kennt man sie zumeist aus deutschen Fernsehfil­men.

Der Drehbuchau­tor, der 2007 starb, war ebenso als Schauspiel­er, Schriftste­ller, Übersetzer und Theaterreg­isseur („Spielmache­r“) tätig gewesen. Seine künstleris­chen Themen enthielten oftmals Rassismus und Massenmord, denen er mit schwarzem Humor und absurder Komik begegnete. Er arbeitete mit Bertold Brecht und Alfred Hitchcock zusammen, verkehrte mit den Manns, Charlie Chaplin, Theodor Adorno. Und er wurde „Theaterkön­ig“genannt, wenngleich er anlässlich seines 90. Geburtstag­s 2004 in einem Interview meinte: „Wie ein König fühle ich mich nicht.“

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