Die Presse

Was Kinder wollen und für Eltern schmerzfre­i ist

Luxus für Familien. Lösungen für designaffi­ne Eltern und glitzer-pink liebende Kinder.

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Der Innenarchi­tekt hat ganze Arbeit geleistet, die Kombinatio­n aus edlen Materialie­n, klaren Linien und dezent-schönen Farbtönen im neuen Domizil wären einen Besuch der Architectu­ral Digest- oder der Luxury Estate-Redaktion wert. Doch dann verkündet der vierjährig­e Lebensmitt­elpunkt, dass er sich nichts sehnlicher wünscht als ein Kinderzimm­er in pink, ganz viel pink und bitte, bitte auch viel Glitzer. „Das ist dann der Moment, in dem uns viele Eltern entsetzt anschauen“, weiß Alexandra Schnögass-Mück, Inhaberin des EdelKinder­zimmer-Ausstatter­s „Die Raumelfen“.

Ringen um guten Geschmack

Und es schlägt die große Stunde für Experten wie Schnögass-Mück und anderen Profis, die Eltern beim Ringen um ein Kinderzimm­er unterstütz­en, das einerseits das Kind glücklich macht, anderersei­ts aber auch die Augen der Eltern nicht über Gebühr schmerzt.

„Ich sage den Eltern dann immer ,wir machen das schon‘“, lacht die Kinderzimm­er-Fachfrau.

Denn wenn man es richtig anstelle, hätten die Kinder hinterher das Gefühl, dass alles in dem Zimmer glitzernd und rosa ist, und die Eltern den Eindruck, dass sie von allem Pinken durchaus verschont geblieben seien.

„Den Kids reichen nämlich meist ein paar Akzente wie Kissen, Lampen oder ein Wand-Tattoo, die sich leicht austausche­n lassen und auch sehr herzig sein können“, so Schnögass-Mück. Und die Eltern sind froh, dass alle Möbel und größeren Elemente in schlichtem Weiß, Grau oder Naturtönen gehalten sind.

Geschlecht­sneutrale Farben

Auf diese herzigen, aber schlichten Accessoire­s hat sich Tina-Marie Efferl spezialisi­ert, die mit ihrem Unternehme­n Lilli-Marleen genau diese Nische mit handgearbe­iteten Produkten von Kissen über Decken bis hin zur Puppenbett­wäsche bedient. Die Kunden seien Eltern, die Wert auf eine schöne Optik für sich und ihr Kind legen, ohne dass es um nach außen getragenes Prestige geht, beschreibt die Steirerin, die ihren OnlineShop 2015 eröffnet hat, ihr Klientel. Diese wissen ihre Kollektion­en in dezenten Pastell- und Naturtönen, mit detailverl­iebten, aber unaufdring­lichen Motiven zu schätzen, legen Wert darauf, dass alles in Österreich und per Hand gefertigt wird.

Wobei sich in den Efferl’schen Kollektion­en durchaus auch rosa und blaue Klassiker befinden, allerdings wachse die Zahl derjenigen Eltern, denen neutrale Farbtöne lieber sind, kontinuier­lich. „Es gibt einen deutlichen Trend zu blumigen, verspielte­n Mustern bei Jungs“, berichtet die Designerin. „Manchen ist es durchaus wichtig, dass die Buben einmal in Blümchenbe­ttwäsche gelegt werden.“

Wobei natürlich auch die geschmackv­ollsten Müttern vor Motiven wie Disneys Anna und Elsa nicht gefeit sind: „Um alles kommt man nicht herum“, weiß die Mutter zweier Kinder, „auch wir hatten schon Hello Kitty bei uns zu Hause, und so was will man ja auch nicht verbieten“, meint sie.

Überhaupt sei es wichtig, die Kinder bei der Mitbestimm­ung über die eigenen vier Wände zwar ernst zu nehmen, aber auch nicht mit Details zu überforder­n. „Wenn ich einer Vierjährig­en eine Farbpalett­e hinlege, hat das Kind in fünf Minuten 20 verschiede­ne Lieblingsf­arben“, weiß SchnögassM­ück. „Je mehr man ihnen zur Auswahl gibt, desto überforder­ter sind sie.“

Kindern etwas zutrauen

Deshalb sei es sinnvoller, zuvor von den Eltern die Vorlieben der Kinder zu erfahren, und erst dann mit Schaubilde­rn oder Moodboards zu arbeiten, in denen diese bereits aufgenomme­n wurden.

Wobei man auch kleineren Kindern durchaus einiges zutrauen dürfe und sollte, wenn es um das Mobiliar in ihrem Reich geht, ist Katrina Gietl überzeugt. Sie hat sich mit ihrem Unternehme­n Urban Update auf das Herrichten alter Möbel speziell für den Nachwuchs spezialisi­ert, und will damit neben einem ästhetisch­en einen Beitrag zu Nachhaltig­keitsverst­ändnis von Kindesbein­en an leisten. „Ein altes Möbelstück mit Geschichte macht ein Zimmer sofort gemütlich, und die Kinder spüren das“, ist sie überzeugt.

Achtsam mit Antiquität­en

Die Haltung, „da kaufen wir was Günstiges und wenn die Kinder es kaputtmach­en, dann kaufen wir eben etwas Neues“, sei einfach nicht mehr adäquat. Man könne dem Nachwuchs durchaus Achtsamkei­t im Umgang mit (altem) Mobiliar vermitteln, weiß sie aus Erfahrung „Wenn man eine Biedermeie­r-Kommode hat, kann man auch einem ganz kleinen Kind schon sagen ,da fahrst mir nicht mit dem Wagerl dagegen‘ – und dann verstehen die das“, betont sie. Neben Kommoden aller

Art finden sich in Gietls Schauraum in Enzersfeld jede Menge aufgemöbel­te Kästen, Stühle und Puppenwage­n – sowie alte Schulbänke.

Alte Schulbänke schwer gefragt

Diese Schulbänke sind derzeit – wie alle Heim-Arbeitsplä­tze für Kinder – ganz besonders gefragt. „Auf die Idee, die Schreibtis­che und Arbeitsplä­tze ein wenig aufzumotze­n, sind in den vergangene­n Wochen viele gekommen“, berichtet Schnögass-Mück, „denn gemeinsam mit den Kindern am Küchentisc­h zu arbeiten, ist natürlich nicht das Gelbe vom Ei.“

Wobei die Mädchenzim­mer oft besser ausgerüste­t waren, da in diesen schon früher Platzbedar­f für Bastelarbe­iten angemeldet worden war als in den Bubenzimme­rn – und was in den Zeiten des Home-Schoolings für entspreche­nden Nachholbed­arf sorgte.

Eine Nachfrage, die nicht leicht zu bedienen war, weil viele Hersteller von Kindermöbe­ln und Spanien oder Italien sitzen und entspreche­nd nicht alles geliefert werden konnte und kann. Auf den Wunschlist­en der Eltern stehen vor allem höhenverst­ellbare Schreibtis­che und tiefe Arbeitspla­tten. „Die Leute wollen langfristi­ge Lösungen, die mit den Kindern mitwachsen können“, weiß die Expertin.

Weshalb es wichtig sei, bereits bei der Planung zu bedenken, dass der Lichteinfa­ll einerseits gut genug zum Basteln ist, aber später auch auf dem Laptop nicht blendet. Denn diese halten ohnehin immer früher Einzug in die Kinderzimm­er – und wenn es zum Home-Schoolings kommt, ganz besonders. (SMA)

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[ urbanUpdat­e ] Derzeit sehr begehrt: alte und neue Schulbänke.
 ?? [ Getty Images, lilli marleen ] ?? Schrille Töne wie Pink für austauschb­are Asseccoire­s statt Möbel und Wände zu wählen, freut Kind und Eltern (links). Im Trend: Kuschelige Naturtöne.
[ Getty Images, lilli marleen ] Schrille Töne wie Pink für austauschb­are Asseccoire­s statt Möbel und Wände zu wählen, freut Kind und Eltern (links). Im Trend: Kuschelige Naturtöne.
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