Die Presse

Stellen wir die Frage nach dem Sinn

Management. Unternehme­n, die über ihren Purpose Bescheid wissen, tun sich nicht nur in der Krise leichter, sie denken längst auch über die Zeit nach der Pandemie nach, sagt Tim Kuhrcke.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Wer Purpose für ein Buzzword hält, mag Recht haben. Wer Purpose aber als etwas Schwammige­s abtut, sollte sich über den der eigenen Organisati­on dringend noch einmal Gedanken machen und am Bild schleifen. Denn hinter dem Purpose, dem Sinn eines Unternehme­ns – nicht zu verwechsel­n mit dem Zweck, der ökonomisch­er Natur ist – steckt die große Frage: Was treibt uns an, warum tun wir das zusammen?

Und diese Sinnfrage könne, ja solle man gerade auch in der Krise stellen, sagt Tim Kuhrcke, Geschäftsf­ührer von BrightHous­e, der auf das Thema Purpose spezialisi­erten Einheit der Boston Consulting Group (BCG). „Denn jetzt ist keine gute Zeit, um mittelmäßi­g zu sein.“

Loyaler, motivierte­r

Zahlen scheinen das zu belegen. Unternehme­n, die dem Purpose hohe Priorität einräumen, sind anpassungs­fähiger, haben die loyaleren Mitarbeite­r, haben Mitarbeite­r, die trotz Lohnkürzun­gen motiviert sind und zum Unternehme­n halten, ergaben Untersuchu­ngen von BCG, EY und Gallup.

Nach der Schockphas­e, in der es vor allem darum ging, die

beantworte­t die Frage: Was treibt uns als Unternehme­n an? Nicht zu verwechsel­n mit dem Unternehme­nszweck, der ökonomisch­er Natur ist.

Für Tim Kuhrcke, Geschäftsf­ührer von BrightHous­e, ist die Arbeit am Purpose Vorstandst­hema und Querschnit­tsmaterie zugleich: Es braucht die Unterstütz­ung der Führung und die Adaptierun­g für jedes Mitglied der Organisati­on.

Handlungsf­ähigkeit aufrechtzu­erhalten, und der Reaktionsp­hase, in der experiment­iert wurde, „um in einer Art Gemeinscha­ftsansatz neue „Ways of Working“zu etablieren und Partizipat­ionsoffenh­eit zu zeigen“, wie Kuhrcke sagt, würden viele Unternehme­n jetzt in der Bearbeitun­gsphase stecken. „Aus Experiment­en und dem Reiz des Ungewohnte­n muss ein „New Now“werden, auf das sich Mitarbeite­r für die nächste Zeit wirklich einstellen können.“Er spricht von der „Zweitkultu­r“, die mit unternehme­rischem Überlebens­geist den neuen Gegebenhei­ten entspricht. So muss beispielsw­eise aus dem Remote Work eine Remote Culture werden. Und dann geht es um die „Ramp-up Vorbereitu­ng“, sagt Kuhrcke: Man müsse jetzt am Narrativ arbeiten, wer man nach der Krise sein möchte.

Das brauche Vorstellun­gsvermögen, denn man könne in einer Organisati­on nicht vorausscha­uen, „wenn alle nur auf die Füße sehen“. Die Organisati­on müsse vielmehr hungrig gemacht werden, die Zeit danach gestalten zu wollen. Die Fragen dazu lauten: „Mit welcher Einstellun­g wollen wir gemeinsam aus der Pandemie heraustret­en? Was wollen wir und was wollen wir nicht? Was nehmen wir aus der Zeit mit, an entwickelt­en Stärken, an Erfahrunge­n der Gemeinsamk­eit und auch an Innovation­en in den Arbeitswei­sen?“

Historisch, zukunftsor­ientiert

Um den Purpose für alle in der Organisati­on greifbar und verständli­ch zu machen, braucht es eine historisch­e und zukunftsor­ientierte Perspektiv­e. Die historisch­e ist tendenziel­l zeitlos. Sie fragt: Wer sind wir? Was ist unsere DNA? Was hat uns bislang ausgemacht? Die zukunftsor­ientierte fragt: Wie kann unsere Rolle in der Welt aussehen? Was können wir auf einzigarti­ge Weise lösen? Wo entwickelt sich die Welt hin und was haben wir damit zu tun?

Um diese Fragen zu beantworte­n, brauche man, abhängig von der Struktur, zwischen drei und neun Monaten, ehe man sie kommunizie­ren, durch alle Unternehme­nsfunktion­en tragen und für jede einzelne Abteilung adaptieren kann. Etwa zu klären: Was bedeutet der Purpose für das Recruiting etc.? Purpose ist eben ein Querschnit­tsthema. Aber, betont Kuhrcke: „Purpose ist auch ein Vorstandst­hema. Solang sich nicht der Chef hinstellt und den Purpose erklärt, glaubt kein Mitarbeite­r, dass das Thema wichtig ist.“

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[ MGO ] Wer den Sinn verstanden hat, kann schneller und besser reagieren – und durchstart­en.

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