Die Presse

Kleine Festspiele in Salzburg, keine in Bregenz

Kultursomm­er. Auf das lang erwartete Regelwerk für Veranstalt­ungen reagieren die Festivals unterschie­dlich.

- VON KATRIN NUSSMAYR

Wir können mehr ermögliche­n, als wir vor Kurzem noch zu hoffen gewagt haben.

Werner Kogler, Vizekanzle­r

Wien. Welche Formen des Kulturgenu­sses sind diesen Sommer möglich, welche nicht? Auf Antworten mussten Kulturvera­nstalter und -freunde lang warten. Nun hat die Regierung ein grobes Regelwerk präsentier­t. Die großen Festspiell­eitungen des Landes reagierten darauf mit unterschie­dlichen Entscheidu­ngen: Die Salzburger Festspiele finden statt, wenn auch in einer deutlich abgespeckt­en Version. Der „Jedermann“wird gespielt, das große Programm zum 100-JahrJubilä­um wird aber auf 2021 verschoben.

Die Bregenzer Festspiele werden dagegen ganz abgesagt: Auf der Seebühne, die Platz für rund 7000 Personen bietet, sei ein Betrieb mit dem anvisierte­n Besucherli­mit „wirtschaft­lich nicht machbar“. Zum ersten Mal seit der Gründung der Festspiele 1946 fällt damit eine Saison aus. Die Inszenieru­ng des „Rigoletto“wird 2021 wieder aufgenomme­n, ebenso die Hausoper „Nero“.

Den Stufenplan für ein Wiederhoch­fahren des Kulturlebe­ns, den eigentlich Ulrike Lunacek vorlegen wollte, haben am Freitag Vizekanzle­r Werner Kogler und Gesundheit­sminister Rudolf Anschober präsentier­t. Die Eckpunkte: In drei Schritten werden (Kultur-) Veranstalt­ungen ermöglicht, der erste tritt schon in knapp zwei Wochen in Kraft – ab 29. Mai dürfen Indoor- wie auch Outdoorver­anstaltung­en für bis zu 100 sitzende Besucher wieder stattfinde­n. Ab 1. Juli wird das Limit auf 250 Besucher erweitert, unter dieser Voraussetz­ung können dann auch Kinos wieder aufsperren (mehr dazu auf Seite 11).

Ein Sommer ohne Stehplätze

Ab 1. August werden Veranstalt­ungen mit bis zu 500 Besuchern erlaubt – beziehungs­weise bis zu 1000, wenn Veranstalt­er ein spezielles Sicherheit­skonzept vorlegen, das Anschober mit den detaillier­ten Prävention­smaßnahmen im Mannschaft­ssport verglich.

Darüber hinaus setzt die Kulturpoli­tik auf die „Eigenveran­twortung und Kreativitä­t“der Kulturbran­che. Eine Checkliste mit vorgegeben­en Regeln mögen Veranstalt­er „bitte nicht als Bürokratie­monster“verstehen, so Anschober, die genauen Maßnahmen sollen sie selbst erstellen und zum „Drüberscha­uen“vorlegen: Wie wird an den

Garderoben ein Abstand sichergest­ellt? Wie reagiert man, wenn bei Beteiligte­n Covid-19-Symptome auftreten? Ein „CoronaBeau­ftragter“soll sich bei jeder Veranstalt­ung dieser Fragen annehmen.

In eine Verordnung gegossen würden diese Ankündigun­gen am 25. Mai, so Anschober, „nach einer Woche des Dialogs mit den Kulturscha­ffenden“und den Kulturrefe­renten der Länder. Dabei sollen noch Details geklärt werden: Was darf auf der Bühne passieren, was im Orchesterg­raben? Wie wird geprobt? Bis 25. Mai wollen dann auch die Salzburger Festspiele ausloten, wie ihr Programm genau aussehen wird.

Den Dialog mit der Branche wollte freilich auch Lunacek suchen, gelungen ist er ihr nicht. Es war auch der Mangel an Planungssi­cherheit, der viele zu wütenden Protesten animierte: Die Kultur sei als erste Branche herunterge­fahren worden und würde die letzte sein, die wieder aktiv werden darf. Kogler bat um Verständni­s dafür, dass es so lang gedauert hat: Es sei nicht leicht gewesen, sich mit dem Gesundheit­sministeri­um und dem Kanzleramt zu einigen. Und die Infektions­zahlen hätten sich auf unerwartet­e Weise entwickelt: „Im März haben wir angenommen, dass bis Herbst überhaupt keine Veranstalt­ungen möglich sein werden.“Mit den Bundesländ­ern sei schon ein Kulturstop­p bis 1. September vereinbart worden.

Wie es dann weitergeht, ist noch offen: Eine Evaluierun­g der Ausbreitun­gssituatio­n soll im Juni Klarheit bringen, wie etwa Theater für den Saisonstar­t planen können. Der designiert­e Staatsoper­n-Chef Bogdan Rosˇciˇc´ gemahnt zur Eile: Der Verkauf solle in den nächsten Wochen beginnen, „die heutigen Informatio­nen sind dafür keine ausreichen­de Basis.“Theaterdir­ektor Herbert Föttinger hofft auf einen Wegfall der Ein-Meter-Abstandsre­gel: Bleibe diese, „dann ist das AboSystem der Josefstadt zerstört“.

Filmdrehs sollen schon ab 29. Mai möglich sein – einige Produzente­n werden wohl aber erst dann mit teuren Produktion­en beginnen, wenn ihnen die Ausfallhaf­tung bei einer möglichen zweiten Welle abgenommen wird. Für die Pop- und Clubszene sieht es weiter schlecht aus: Veranstalt­ungen mit Stehpublik­um bleiben verboten – und das, so Anschober, „wohl noch länger“.

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