Die Presse

Lunacek: Erfolglos rehabiliti­ert

Porträt. Hochs und Tiefs kennzeichn­en Ulrike Lunaceks politische Laufbahn. Zuletzt dominierte­n die Tiefs.

- VON THOMAS PRIOR

Wien. Eigentlich hätte Ulrike Lunacek im Kulturstaa­tssekretar­iat politisch rehabiliti­ert werden sollen. An der bitteren Wahlnieder­lage im Jahr 2017, als die Grünen aus dem Nationalra­t befördert wurden, hatte sie als Spitzenkan­didatin einen eher kleinen Anteil. Die Grünen waren zu diesem Zeitpunkt inhaltlich, personell und finanziell ausgelaugt von der Präsidents­chaftskamp­agne für Alexander Van der Bellen im Jahr davor.

Doch der Makel in Lunaceks Lebenslauf blieb und wurde am Freitag durch einen weiteren ergänzt, als sie nach nur vier Monaten im Amt als Staatssekr­etärin zurücktrat. Sie habe sich für Künstler und Kulturscha­ffende einsetzen wollen, ihre Ziele aber nicht erreicht, sagte die 62-Jährige durchaus selbstkrit­isch. So ging eine politische Karriere zu Ende, deren Höhen beinahe schon vergessen sind. Besser als bei der EU-Wahl 2014 mit der Spitzenkan­didatin Ulrike Lunacek haben die Grünen bei einer bundesweit­en Wahl nie wieder abgeschnit­ten, auch nicht unter Werner Kogler (der 2019 zunächst EU-Spitzenkan­didat war): 14,5 Prozent.

Im EU-Parlament, dem sie ab 2009 angehörte, war Lunacek eine über die Parteigren­zen hinweg geschätzte Abgeordnet­e. Sie brachte es bis zur Vizepräsid­entin, war Berichters­tatterin für den Kosovo und außenpolit­ische Sprecherin der europäisch­en Grünen. Nach der Nationalra­tswahl 2017 trat sie von allen politische­n Ämtern zurück.

Bei den Grünen hatte sich Lunacek, die in Wien zur Schule gegangen und in Innsbruck studiert hatte (Englisch- und Spanisch-Dolmetsch), in den Neunzigern zu engagieren begonnen. 1996 wurde sie Bundesgesc­häftsführe­rin. 1999 schaffte sie es im zweiten Anlauf in den Nationalra­t, wo sie sich neben Außenund Sozialpoli­tik auch mit Gleichstel­lungsfrage­n beschäftig­te. Lunacek, die einem konservati­ven Elternhaus entstammt, war die erste offen lesbische Politikeri­n im Nationalra­t.

Misstrauen und Querschüss­e

Ihre Rückkehr als Staatssekr­etärin der ersten türkis-grünen Regierung überrascht­e viele. Werner Kogler hatte Lunacek am Silvestera­bend 2019 gefragt, nachdem die ÖVP ein Veto gegen die ehemalige Kunstakade­mieRektori­n, Eva Blimlinger, eingelegt hatte.

Ihren neuen Job begann Ulrike Lunacek mit einem Misstrauen­svorschuss der Kulturszen­e und rechtferti­gte ihn dann auch noch mit undiplomat­ischen Aussagen (wie jener zum Literaturn­obelpreis für Peter Handke oder einer Bob-Dylan-Konzertkri­tik). Aus der Defensive kam die Staatssekr­etärin nicht mehr, irgendwann war die Gesprächsb­asis zur Branche offenbar irreparabe­l zerstört. Und auch Stimmen aus den eigenen Reihen waren zuletzt nicht gerade ermutigend. Zum Beispiel jene von Eva Blimlinger.

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[ Alex Halada / picturedes­k.com ] Ulrike Lunacek.

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