Die Presse

So missglückt wäre die Eröffnung der Wiener Festwochen

Die Beethoven-Hommage gibt es nun auf Video. Bei ihr stimmt fast nichts.

- VON WILHELM SINKOVICZ

Ernsthafte Versuche einer Würdigung wären schon dabei gewesen. Florian Boesch oder das Koehne-Quartett waren ja angekündig­t. Was sonst auf dem Rathauspla­tz zur Festwochen­eröffnung im Beethoven-Jahr zu erleben gewesen wäre, zeigt die virtuelle Variante im Internet, kurz, wenn auch nicht völlig schmerzlos.

Zunächst erscheint ein alter Mann, zieht seinen Dreispitz und stellt sich als Ludwig van Beethoven vor, um dann, notabene völlig unrhythmis­ch, das berühmte Kopfmotiv der Fünften zu klopfen; nicht ins Klavier, sondern in ein Cembalo. Beginnend mit der Kopfbedeck­ung, stimmt also hier nichts. Dann die künstleris­chen Beiträge, neue Interpreta­tionen oder Anverwandl­ungen Beethoven’scher Geistesbli­tze . . .

Lukas Lauermann überformt die Tropfen der Mondschein­sonaten-Begleitung mit neuen Cellokanti­lenen, ganz minimalist­isch, wie unsere Generation halt die Noten eines Maximalist­en überschrei­ben kann. „Mischwerk“macht aus dem langsamen Satz der „Pathetique“´ Schrammelk­länge. Gar nicht ohne Stimmung, dennoch setzt der Video-Beethoven die Coronamask­e auf. Das Hörrohr legt er an, sobald die Strottern auf die Melodie der „Ode an die Freude“das „alle Menschen san ma z’wida“anstimmen. Das hat er anders in Erinnerung. Wie viel Biss ist uns seit Kurt Sowinetz, seligen Angedenken­s, doch verloren gegangen.

Kann Assoziativ­es aus unseren Tagen nie Biss haben? Das melancholi­sche „Joyful“Marie Spaemanns hat keinen, noch weniger die notorische­n Musical-Heultöne von Ankathie Koi, und am wenigsten die hilflosen Improvisat­ionen von Phoen Extended. Zuletzt klärt uns Beethoven aber auf, dass er nicht Beethoven ist, sondern Helge Schneider – „und tschüs“. Dass dieser Wiener Klassiker kein Wiener war, schien uns noch nie so einleuchte­nd.

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