Welche Aktien gegen Corona?
Pharmazie. Seit Ausbruch des Virus forschen Pharma- und Biotechfirmen wie wild, um Tests, Medikamente und Impfungen zu finden. Wer sind die Hoffnungsträger, deren Aktien teilweise extrem ausschlagen? Worauf muss man als Anleger achten?
Seit Ausbruch des Virus forschen Pharmafirmen wie wild, um Medikamente und Impfungen zu finden. Wer sind die Hoffnungsträger, deren Aktien teilweise extrem ausschlagen?
Wien. Die Welt hofft. Und in der medizinischen Forschung überschlagen sich die Ereignisse wie kaum je zuvor. Seit Ausbruch des neuartigen Coronavirus vergeht nahezu kein Tag, an dem die großen Pharmakonzerne und oftmals ungleich kleineren Biotechfirmen nicht einen neuen Schritt in der Entwicklung zuverlässiger Tests, aussichtsreicher Impfungen und vielversprechender Medikamente vermelden. Allein an einem Impfstoff wird in fast 160 Projekten geforscht.
Mitunter werden die Schritte als Meilensteine verkauft. Der Durchbruch aber steht noch aus – und wird aufgrund der komplexen Entwicklungsphasen zumindest Monate auf sich warten lassen.
Heiße Wetten auf die Zukunft
Weil die Börse aber nicht die Gegenwart handelt, sondern auf Wahrscheinlichkeiten in der Zukunft wettet, spiegelt sich das Treiben der Branche längst in den Kursen von Aktien der involvierten und börsenotierten Firmen wider.
Zum Teil mit extremen Ausschlägen. Vor allem bei kleinen Firmen hat das Thema ein unverhältnismäßiges Übergewicht bekommen und der Zu- bzw. Abfluss großer Kapitalmengen eine weit größere Auswirkung auf den Kurs als bei Pharmariesen wie Roche, die breit aufgestellt sind. Als Anleger auf einen Durchbruch in der Forschung zu setzen, ist daher vielfach Spekulation. Vor allem wenn man auf ein einziges Branchenunternehmen baut, kommt dies dem Wetten auf einen Rohstoffexplorer nahe. Wird er fündig, kann sich der Aktienkurs vervielfachen. Wenn nicht, implodiert er.
Wer kein reines
Glücksspiel betreiben will, ist also auch hier gut beraten, das Risiko auf mehrere Titel zu streuen. Auch kann es Sinn machen, einen längerfristigen Anlagehorizont bei den robusten Flaggschiffen mit einem kurzfristigen Horizont bei kleineren Branchentiteln zu kombinieren und bei Letzteren schneller einmal Gewinne mitzunehmen, zumal auf Höhenflüge häufig starke Korrekturen folgen. Wie aber haben sich die entsprechenden Unternehmen seit Jahresbeginn an der Börse entwickelt? Wer hat von sich reden gemacht?
In aller Munde ist
Gilead Sciences (ISIN: US3755581036), dessen Medikament Remdesivir die Genesungsdauer bei Infizierten um 30 Prozent verkürzen kann. Die USA haben vor gut zwei Wochen eine Sonderzulassung erteilt, nun folgt Japan. Offiziell zugelassen ist es noch nirgends. Der Großkonzern ist robust. Diesen Dienstag hat Gilead mit dem indischen Konzern Hetero einen Lizenzvertrag über die Herstellung und den Vertrieb von Remdesivir in 127 Ländern abgeschlossen. Die Aktie, nach ihrem Allzeithoch 2015 halbiert, hat Ende Jänner nun den Rebound gestartet und seither um ein
Viertel zugelegt.
Anders die Aktie der kleineren
US-Firma
Moderna
(ISIN:
US60770K1079), deren Impfstoffkandidat die erste Testphase erreicht hat. Das Papier hat sich seit Jahresbeginn mehr als verdreifacht. Bei der US-Firma Inovio Pharmaceuticals (ISIN: US45773H2013) ist es bei einem ähnlichen Fortschritt mehr als eine Vervierfachung der Aktie. Moderna, vom Staat unterstützt, gilt als einer der Favoriten und hat nun den Fast-Track-Status erhalten, was die Prozeduren beschleunigt. Für die Produktion des Impfstoffs ist Moderna eine Kooperation mit dem Schweizer Pharmazulieferer Lonzo (ISIN: CH0013841017) eingegangen, dessen Aktie kein Überflieger ist, aber schön nach oben zieht.
Steil nach oben zog das Papier von Novavax (ISIN: US6700024010) – seit Jahresbeginn eine Verzehnfachung. In der abgelaufenen Woche waren es zwischenzeitlich fast 140 Prozent – weil die US-Firma von Cepi, einer Allianz aus Institutionen wie der Weltgesundheitsorganisation WHO oder EU-Kommission und privaten Geldgebern 384 Millionen Dollar zur Förderung der Impfstoffforschung erhält. Nicht nur in den USA floriert das Geschäft mit der Hoffnung. In Deutschland hob die Aktie von Biontech (ISIN: US09075V1026), die schon seit dem Börsengang im Herbst sensationell stieg, Mitte März nun völlig ab – um danach stark zu korrigieren. In Deutschland fanden bereits klinische Tests für den Impfstoff statt, in den USA sind sie gemeinsam mit dem Konzern Pfizer angelaufen. Auch in China sind einige am Werk und teilweise schon weiter, indem sie größere Versuchsgruppen testen. Etwa CanSino (ISIN: CNE100003F01), dessen Aktienkurs sich seit Jahresbeginn verdreifacht hat.
Etwas ruhiger, aber durchaus ansehnlich bewegt sich die Aktie des Schweizer Konzerns
Roche (ISIN: CH0012032048), der den bisher besten Antikörpertest auf dem Markt hat. Jedenfalls erholte sie sich nach dem allgemeinen März-Absturz rasant und notiert nun höher als zuvor. Bei Antikörpertests konkurriert Roche mit der US-Firma Abbott Laboratories (ISIN: US0028241000). Ihr wird gerade vorgeworfen, die Antikörpertests seien nicht so zuverlässig.
Apropos Vorwurf: Der französische Pharmariese Sanofi (ISIN: FR0000120578) hat ziemlichen Unmut ausgelöst, weil sein Chef andeutete, dass die USA mit einem potenziellen Impfstoff vorrangig beliefert würden, weil sie das Risiko mittragen würden. Nun versucht der Konzern zu beschwichtigen. Er kooperiert mit dem britischen Rivalen GlaxoSmithKline (ISIN: GB0009252882). Die Aktien gingen bei diesen Riesen naturgemäß nicht durch die Decke, aber den Absturz vom März haben sie weitgehend kompensiert.
Wer nicht wählen will: Vontobel hat soeben die Aktien von 20 der wichtigsten Player in einem Index NTR zusammengefasst (ISIN: DE000VP3NSX6).