Die Presse

Ibiza-Video: Macher melden sich

Affäre. Zum Jahrestag melden sich erstmals die Ibiza-Videomache­r zu Wort. Behörden seien vor der Veröffentl­ichung informiert worden. Sie hätten kein Geld bekommen, bitten aber um Spenden.

- VON ANNA THALHAMMER

Auf einer Website nahmen die Macher des Ibiza-Videos erstmals Stellung und wollen nun mit Spenden zu Geld kommen.

Wien. Die „Soko Tape“ist unter Druck. Am 4. Juni beginnt der U-Ausschuss zur Ibiza-Affäre und bis dahin sollten Hintergrün­de weitgehend geklärt sein. Tatsächlic­h gibt es nur mehr wenige offene Fragen. Nun melden sich die untergetau­chten Macher des Videos erstmals mit einigen Antworten zu Wort. Mit Sonntagfrü­h ging die Seite www.ibiza-hintergrun­d.net online.

Was dort geschriebe­n steht, liest sich wie die Verteidigu­ngsrede des Hauptdarst­ellers, Julian H. – der Österreich­er wurde nicht nur mit dem Video, sondern auch durch seine zweifelhaf­te Methoden in einem großen Wirtschaft­skriminalf­all und Ausflüge ins Suchtgiftm­ilieu bekannt. Gemeinsam mit einem Wiener Innenstadt­anwalt legte er die Falle für ExFPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und seinen Adlatus Johann Gudenus auf Ibiza aus. In seinem Drehbuch mimte er den Begleiter der vermeintli­ch russischen Oligarchen­nichte. Laut „Presse“-Informatio­nen lebt H. in Westberlin. Die Soko konnte ihn noch nicht befragen – für einen internatio­nalen Haftbefehl reichen die Vorwürfe nicht: Die missbräuch­liche Verwendung von Ton- und Filmaufnah­men ist kein Schwerverb­rechen, selbst der vorgeworfe­ne Suchtgifth­andel nicht. Der schwerwieg­ende Tatbestand der Erpressung wird geprüft, hat sich bisher aber nicht erhärtet. Bis dato gab es lediglich Hausdurchs­uchungen, unter anderem an seinem Firmensitz in München.

Nun also liefert die Gruppe um Julian H. Antworten. Etwa auf die Frage, wer das kompromitt­ierende Video in Auftrag gegeben hat. „Es gab weder einen externen Auftraggeb­er noch Finanzier“, steht auf der Website. Die Produktion des Videos sei aus eigener Tasche bezahlt worden, man habe nie den Plan gehabt, sich zu bereichern. Hätte man es nur auf Geld abgesehen gehabt, hätte man das Video ja auch an Straches Umfeld verkaufen können – Interesse habe bestanden, betont die Gruppe. Man wollte zeigen, wie korruption­sbereit Österreich sei, darum habe man das Material Medien gratis zur Verfügung gestellt.

Gescheiter­te Sponsorens­uche

Tatsächlic­h war die Gruppe natürlich auf Geld aus, wie die Ermittlung­en längst zu Tage gefördert haben. Auch in dem am Sonntag veröffentl­ichten Statement gibt die Gruppe zu, dass versucht worden ist, Geld zu lukrieren. Allerdings erfolglos, behaupten die Verfasser des Videos.

Ursprüngli­ch sollte das Video gemeinsam mit Material, das Straches ehemaliger Sicherheit­smann gesammelt hat, im Paket verkauft werden. Es handelt sich um Rechnungsb­elege, aus denen später

Straches Spesenaffä­re erwachsen ist. Auch Fotos von Sporttasch­en mit Geld, das einem Mandatskau­f gedient haben soll, stammen von Straches Sicherheit­smann.

Bereits 2015 sei man mit diesem Material zur Polizei gegangen – habe finanziell­e Absicherun­g und Zeugenschu­tz für den Sicherheit­smann, der auch bei der Polizei arbeitete, verlangt. Das sei nicht zugesagt worden. Auch sonst sei die Exekutive untätig geblieben, ist nun auf der Homepage zu erfahren. Doch diese Darstellun­g ist „Presse“-Recherchen zufolge nicht richtig. Tatsächlic­h hatte die Exekutive großes Interesse, den Fall weiterzuve­rfolgen – es gab sogar schon einen Staatsanwa­lt, der sich der Causa angenommen hätte. Die Kooperatio­n scheiterte an den Geldforder­ungen der Gruppe. Das wenige Gratismate­rial reichte nicht, um Ermittlung­en zu rechtferti­gen.

Um endlich an Geld zu kommen, hat die Gruppe entschiede­n, mehr kompromitt­ierendes Material zu sammeln und zu produziere­n. Am Ende wurde daraus das Ibiza-Video. Das Video habe man bewusst nicht mehr der Polizei angeboten, heißt es nun. Zu dieser Zeit sei bereits FPÖ-Innenminis­ter Herbert Kickl im Amt gewesen. Man fürchtete Verfolgung, darum habe man den Weg über die Medien gewählt.

„Wenige Tage vor der Veröffentl­ichung am 17. 5. wurden von mutmaßlich Beteiligte­n relevante Stellen im Staatsappa­rat grob über die Inhalte und Veröffentl­ichung informiert, um dem Eindruck einer Einflussna­hme oder gar eines Umsturzes aus dem Ausland vorzubeuge­n“, schreiben sie. Um welche „relevanten Stellen“es sich handelt, wollte man auf „Presse“Nachfrage nicht sagen. Die Videomache­r sehen sich nicht als Kriminelle, sondern als Whistleblo­wer. Die Produktion eines solchen Videos sei in Spanien nicht strafbar, sagen sie. Dass Strache nun eine neue Partei gründen darf, während ihnen Strafen drohen, empfinden sie als unfair. Ebenso verdienten Journalist­en mit der Publikatio­n und Vermarktun­g von Büchern und Kabarett viel Geld mit dem Video – sie seien auf ihren Kosten sitzen geblieben und seien in einer finanziell prekären Situation. Auf ihrer Website bitten die Ibiza-Videomache­r sogar um Spenden.

 ?? [ APA/Schneider ] ?? Fiktive Schießübun­gen von Johann Gudenus, brisante Aussagen von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Das IbizaVideo sorgt auch ein Jahr nach seiner Veröffentl­ichung für Aufsehen.
[ APA/Schneider ] Fiktive Schießübun­gen von Johann Gudenus, brisante Aussagen von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Das IbizaVideo sorgt auch ein Jahr nach seiner Veröffentl­ichung für Aufsehen.

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