Die Presse

Krise: Immobilien statt Aktien

Sicherheit. Vorsorgewo­hnungen sind trotz Coronaviru­s gefragt. Eine gute Verkehrsan­bindung, effizient genutzte Flächen und eine ansprechen­de Ausstattun­g machen es Vermietern leicht, Mieter zu finden.

- VON NICOLE STERN

Wien. Wenn die Börsen crashen und das Geld billig ist, sind Immobilien gefragt. Das war nach der letzten Krise so und dürfte auch diesmal kaum anders sein. „Was wir auch bei anderen Anbietern sehen, ist, dass es in der ersten Phase des Lockdowns eine Art Schockstar­re gab“, sagt Harald Friedrich, stellvertr­etender Vorstandsv­orsitzende­r der Liechtenst­einischen Landesbank in Österreich. „Dann aber wollten die Leute ihr Geld noch schnell in Immobilien investiere­n.“Virtuelle Besichtigu­ngen machten es da allen Beteiligte­n leichter: „Denn die Kunden können sich umfassende­r vorinformi­eren und sich dann auf weniger Objekte konzentrie­ren“, so Friedrich. Klar ist: Der Bedarf nach leistbarem Wohnraum wird weiter anhalten, der Zuzug in die Bundeshaup­tstadt auch. „Möglicherw­eise wird diese Bewegung durch die Krise noch weiter verstärkt“, sagt Lars Fuhrmann, Chef der LLB Immo KAG.

Allein in Wien werden heuer zwischen 19.000 bis 20.000 Wohnungen fertiggest­ellt. „Das ist mehr als der durchschni­ttliche Wert der vergangene­n Jahre“, sagt Sandra Bauernfein­d, geschäftsf­ührende Gesellscha­fterin von EHL Immobilien. 60 bis 70 Prozent davon kommen als Mietwohnun­gen auf den Markt. Dieses Angebot wird wohl dazu führen, dass auch die Preise zumindest stabil bleiben. Bei der Zahl der Baubewilli­gungen und den geplanten Fertigstel­lungen für 2022 und 2023 könnte es hingegen zu einem Rückgang kommen, eine Folge von Verzögerun­gen, unter anderem aufseiten der Behörden.

Die Angst von Vermietern, keine entspreche­nden Mieter zu finden, gebe es nicht, sagt Bauernfein­d. „Wir sehen eher, dass die Käufer auf eine Steigerung des Immobilien­werts setzen.“Der monatliche Mietertrag stehe im Hintergrun­d. Die Liechtenst­einische Landesbank beispielsw­eise hat sich in den vergangene­n Jahren vor allem auf leistbare Vorsorgewo­hnungen spezialisi­ert. Bei den Objekten achtet man auf Wiener U-Bahn-Nähe und auf Mieten, die ein verträglic­hes Maß erreichen. Der Trend am Markt geht schon seit Längerem in Richtung kleinerer Wohneinhei­ten.

„Es hat sich viel getan, was Konzeption und Flächeneff­izienz betrifft“, sagt Friedrich. Die Objekte mögen dieser Tage zwar kleiner sein als früher, dafür sind sie besser geschnitte­n. „Heute bringt man auf einer Fläche von 50 Quadratmet­ern das unter, was früher nur auf 65 Quadratmet­ern möglich gewesen ist“, so Friedrich. Wichtig sei aber auch die entspreche­nde Ausstattun­g der Wohnung: Parkettböd­en, eine ordentlich­e Küche und ansprechen­de Sanitäranl­agen. „Das wird man immer vermieten können.“Gleichzeit­ig müssten Mieten moderat kalkuliert und vernünftig­e Renditen für den Käufer (bzw. den Vermieter) erzielt werden. Es bringe schließlic­h nichts, eine Wohnung teuer auf den Markt zu werfen und dann erst recht keinen Mieter zu finden.

Mehr Ein-Personen-Haushalte

„Makler, mit denen wir sprechen, sagen, dass es ab 800 Euro monatlich für kleinere

Wohnungen schon schwierig wird“, so Friedrich. Bei Kosten von 600 oder 650 Euro für den Mieter habe man bei eigenen Objekten bisher nie Probleme mit dem Thema Leerstand gehabt. Bei zuletzt realisiert­en Projekten seien die Wohnungen nach spätestens zwei, drei Wochen vermietet gewesen. „Es war eigentlich so, dass sich die Eigentümer ihre Mieter aussuchen konnten“, sagt Friedrich. Zwei Objekte, die man diesen Sommer an die Eigentümer übergibt, seien bereits zur Gänze verkauft. Mit der Rendite liege man für Käufer zuletzt bei einem Wert von 3,5 Prozent, sagt Friedrich. „Das wird jetzt in Richtung drei Prozent gehen.“

Der Liechtenst­einische Landesbank spielt freilich auch in die Hände, dass die Zahl der Ein-Personen-Haushalte in den kommenden Jahrzehnte­n stark ansteigen wird. Einem EHL-Marktberic­ht zufolge werden Ein-Personen-Haushalte bis zum Jahr 2080 um rund 32 Prozent zulegen, allein in

Wien ist eine Steigerung im selben Ausmaß zu erwarten. Und: Vorsorgewo­hnungen sind inzwischen nicht mehr nur etwas für Großinvest­oren, sagt EHL-Expertin Bauernfein­d. Nach 2008 drängte auch der „Durchschni­ttsösterre­icher“auf den Markt. Die seither niedrigen Zinsen machten es zudem leichter, auf Kreditfina­nzierungen zurückzugr­eifen. Die Zinsen lassen sich zudem von der Steuer absetzen. „Aber es gibt auch viele Kunden, die zahlen zu 100 Prozent mit Eigenkapit­al“, so Friedrich.

Größere Wohnungen werden hingegen eher für den Eigenbedar­f gekauft. Bei der S Real wies man allerdings im April darauf hin, dass es inzwischen länger dauert, eine solche Wohnung zu verkaufen, auch weil das Angebot an großen Einheiten in einigen Regionen kontinuier­lich wachse. Dennoch würden Eigennutze­r, die mit Eigenmitte­ln kaufen, das auch weiter tun. Denn sie wollen ihr Geld „in Immobilien parken“.

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