Die Presse

Ein Auto muss nicht fahren können

Vertragskl­ausel. Wer beim Erwerb eines Gebrauchtw­agens auf die Gewährleis­tung verzichtet, hat schlechte Karten, wenn etwas kaputtgeht. Selbst, wenn nach dem Kauf schwere Mängel auftreten.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Es ist eine bei Privatverk­äufen beliebte Vertragskl­ausel: „Das Fahrzeug wurde besichtigt und Probe gefahren. Der Zustand des Fahrzeuges ist mir bekannt und wird hiermit akzeptiert.“So war es auch in einem aktuellen Fall. Aber kann man selbst dann, wenn der Wagen sich als nicht verkehrssi­cher herausstel­lt, keine Ansprüche mehr gegen den Verkäufer geltend machen? Eine Frage, in der sich die Gerichtsin­stanzen nicht einig waren.

Während man beim Kauf von Unternehme­rn immer auf Gewährleis­tungsanspr­üche pochen kann, ist es unter Konsumente­n möglich, dies auszuschli­eßen. Beim Verkauf des VW Transporte­r T5 mit dem stolzen Kilometers­tand von 304.000 wurde dies im Vertrag auch verdeutlic­ht. „Für das Fahrzeug wird vom Verkäufer keine weitere Garantie oder Gewährleis­tung übernommen. Beide Teile verzichten auf die Anfechtung dieses Vertrages, aus welchem Titel immer.“

Auf eine Probefahrt verzichtet­e der Käufer, aber er besichtigt­e das Gefährt. Der Verkäufer erklärte dabei, dass das Motorlager kaputt und auch die Servopumpe defekt sei. Der Turbolader sei zwar nach den Angaben des Vorbesitze­rs einmal gewechselt worden. Aber ob das stimme, wisse er nicht, sagte der Verkäufer. Das Geschäft kam zustande: Um 6400 Euro wechselte das Gefährt den Eigentümer.

Doch nur zwei Wochen später gab es für den Käufer ein böses Erwachen. Die Zylinderko­pfdichtung wurde defekt, und ein Turboschad­en trat auf. Eine weitere Woche später setzte es einen Getriebesc­haden. Um alles zu beheben, musste der Käufer rund 5500 Euro aufwenden. Jetzt reichte es ihm. Er ging vor Gericht, um diese Kosten vom Verkäufer einzuforde­rn.

Doch da wäre noch die Sache mit dem Gewährleis­tungsaussc­hluss im Vertrag. Aber diese Passage habe sich nicht auf die Fahrund Betriebssi­cherheit und die „Pickerltau­glichkeit“erstreckt, meinte der Käufer.

Was wurde vereinbart?

Das Bezirksger­icht Eisenstadt befand, dass man in so einem Fall Geld nur dann zurückford­ern dürfe, wenn der Verkäufer etwas arglistig verschwieg­en habe. Oder wenn es dem Fahrzeug an Eigenschaf­ten fehle, die beim Verkauf (ausdrückli­ch oder schlüssig) zugesagt wurden. Hier aber seien nur Verschleiß­erscheinun­gen aufgetrete­n, die bei so einem Fahrzeug passieren könnten. Schließlic­h sei es ja nicht mehr das jüngste.

Das Landesgeri­cht Eisenstadt hatte mehr Verständni­s für den leidgeprüf­ten Käufer. Wenn man einen Gebrauchtw­agen kaufe, dann umfasse der Verzicht auf die Gewährleis­tung auch nicht alles, meinte es. So werde trotzdem schlüssig vereinbart, dass das Auto fahrbereit ist. Und auch die Verkehrs- und Betriebssi­cherheit sei vom Gewährleis­tungsverzi­cht nicht mitumfasst, sofern man dies nicht noch einmal extra vereinbare. Deswegen, so meinte das Landesgeri­cht, müsse der Verkäufer jedenfalls die Kosten für den Getriebesc­haden übernehmen. Für den Turbolader­schaden aber nur, wenn auch dieser Defekt die Verkehrssi­cherheit beeinträch­tige.

Doch die Klärung dieser Detailfrag­e erübrigte sich. Denn der Oberste Gerichtsho­f (OGH) war der Meinung, dass dem Käufer gar kein Geld zusteht.

Schon defekt verkauft

Man könne nämlich in diesem Fall nicht davon ausgehen, dass die Verkehrs- und Betriebssi­cherheit des Fahrzeugs schlüssig zugesagt wurde. Bereits beim Verkauf sei schließlic­h klar gewesen, dass die Servopumpe defekt und das Motorlager kaputt ist. Das seien schwere Defekte. „Das Fahrzeug war daher schon aufgrund seines ausdrückli­ch vereinbart­en Zustands zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht verkehrs- und betriebssi­cher“, betonten die Höchstrich­ter (8 Ob 111/19k).

Der Getriebesc­haden sei zwar erst nach dem Kauf aufgetrete­n. Aber inzwischen habe der Wagen 3000 weitere Kilometer zurückgele­gt gehabt. Und es handle sich um einen Defekt, der bei einem alten Gefährt als Verschleiß­erscheinun­g auftreten könne, betonte der OGH.

Der Käufer schaut somit durch die Finger, da er die Vertragskl­ausel unterschri­eben hat.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Wer ein Gefährt „wie besichtigt und Probe gefahren“kauft, sollte den Zustand genau überprüfen.
[ Clemens Fabry ] Wer ein Gefährt „wie besichtigt und Probe gefahren“kauft, sollte den Zustand genau überprüfen.

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