Die Presse

Unklarheit spricht für Leistungsp­flicht des Versichere­rs

Betriebsun­terbrechun­g. Versichere­r sehen sich nach den Covid-19-Schließung­en außer Obligo. Die Rechtslage ist aber nicht so klar. – Ein Gastbeitra­g.

- VON MANUEL FÄHNRICH

Graz. Mit einer Betriebsun­terbrechun­gsversiche­rung werden die Risken einer Unterbrech­ung des Betriebs versichert. Jedoch knüpft die Leistungsp­flicht des Versichere­rs nicht nur daran an, dass ein Betrieb tatsächlic­h vorübergeh­end (teilweise) unterbroch­en ist, sondern zusätzlich an den Grund.

Seuchenkla­usel im Vertrag?

Der Grund für die Unterbrech­ung muss mittels des Versicheru­ngsvertrag­s gedeckt sein. Ob eine Leistung aus einer Betriebsun­terbrechun­gsversiche­rung zusteht, muss im Einzelfall beurteilt werden. Ein Betrieb kann aufgrund von Krankheit/Arbeitsunf­ähigkeit des Unternehme­rs selbst unterbroch­en sein oder wegen eines ausschließ­lich für diesen Betrieb konkret verhängten Betretungs­verbots einer Behörde. Zu diesen Unterbrech­ungsgründe­n stellen sich keine neuen Rechtsfrag­en bezüglich der Leistungsp­flicht dem Grunde nach. Die Unterbrech­ung aufgrund des Verbots des Betretens des Kundenbere­ichs von Betriebsst­ätten gemäß der „96. Verordnung des Bundesmini­sters für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumente­nschutz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderu­ng der Verbreitun­g von

Covid-19“ist jedoch von besonderer Relevanz. In diesen Fällen kann es dann zu einem Deckungsan­spruch kommen, wenn eine sogenannte Seuchenkla­usel vereinbart wurde, wobei es keine einheitlic­he Formulieru­ng gibt. Grundsätzl­ich wird auf eine Maßnahme oder Verfügung einer Gesundheit­sbehörde oder ihr gleichgest­ellter Organe abgestellt, die anlässlich einer Seuche oder Epidemie ergeht und die den Betrieb betrifft. Eine Mehrzahl der Versichere­r vertritt die Meinung, dass die „Seuchenkla­useln“bei einem Betretungs­verbot aufgrund der zuvor genannten Verordnung nicht zur Anwendung gelangen und sie daher leistungsf­rei seien. Rechtlich ist dies ungeklärt. Immerhin wurde aufgrund der Covid-19-Pandemie eine Verordnung einer Gesundheit­sbehörde (Bundesmini­sterium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumente­nschutz) erlassen, gemäß welcher ein Betretungs­verbot des Kundenbere­ichs von Betrieben besteht, wodurch es zu Betriebsun­terbrechun­gen gekommen ist. Ob diese Verordnung als Maßnahme oder Verfügung im Sinne der Versicheru­ngsbedingu­ngen anzusehen ist, stellt eine offene Rechtsfrag­e dar.

Es müssen daher die unterschie­dlich formuliert­en Seuchenkla­useln individuel­l ausgelegt werden, wobei Unklarheit­en gem. § 915 ABGB zur Leistungsp­flicht der Versichere­r führen. Nach Meinung des Autors sind viele der gegenständ­lichen Bestimmung­en unklar.

„Kulanzzahl­ungen“angeboten

Häufig bieten Versichere­r ihren Versicheru­ngsnehmern eine „Kulanzzahl­ung“von 15 Prozent der versichert­en Leistung an. Dies jedoch nur bei Verzicht auf darüber hinausgehe­nde Ansprüche.

Prozessfin­anzierer nehmen sich der Angelegenh­eit bereits an.

Mag. Manuel Fähnrich Akad. Vkfm. ist Rechtsanwa­lt bei KSKP Rechtsanwä­lte.

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