Die Presse

In den Redaktions­stuben gehört endlich aufgeräumt

Wenn Journalist­en sprachlich­es Convenienc­e-Food aus den Achtzigern aufwärmen – Segen oder Fluch?

- VON ERICH KOCINA

S chreiberli­ng.

Diese Bezeichnun­g taucht immer wieder auf, wenn jemand das OEOEuvre eines Journalist­en, sagen wir, kritisch hinterfrag­t. Auch der Schmierfin­k wird gern aus dem Baukasten der pejorative­n Anrede geholt. So wie der Lohnschrei­ber. Oder, mit gönnerhaft­em Unterton, der Herr Reporter. Originell ist der Hinweis „Lernen Sie Geschichte“davor übrigens schon seit Jahrzehnte­n nicht mehr. Aber gut, in manchen Redaktions­stuben gehört wirklich einmal aufgeräumt – wobei die wohl abwertend gemeinte Redaktions­stube mittlerwei­le eher ein Großraumbü­ro ist. Aber okay, stilistisc­h passiert es im Journalism­us tatsächlic­h allzu oft, dass in den Achtzigerj­ahren abgelaufen­es schreiberi­sches Convenienc­e- Food aufgewärmt und serviert wird. Dann herrscht reges Treiben, die stolzen Eltern unterhalte­n sich angeregt über Lust oder Frust, zarte Sonnenstra­hlen lassen das Herz höher schlagen und irgendwo in der klirrenden Kälte spielt Frau Holle sprachlich­es Pingpong mit General Winter. So wie immer noch in Reportagen, in denen dem Autor nichts Substanzie­lles einfällt, irgendein Protagonis­t an seiner Zigarette ziehen muss. Womöglich noch genüsslich, um ein unnötiges Adjektiv auch noch einsetzen zu können.

Wenn dann auch noch ein Tausendsas­sa auftaucht, der sich am reichlich gedeckten Buffet noch ein paar Leckerbiss­en holt! Und am Ende machen vermutlich ein paar exotische Schönheite­n die Nacht zum Tag. Segen oder Fluch? Diese Frage hält uns in Atem. So wie auch die Polizei, die ständig etwas unter Hochdruck machen muss, während Politiker ständig zurückrude­rn oder sich jemand am helllichte­n Tag auf offener Straße aus dem Fenster lehnt. So, all diese verdorbene sprachlich­e Gebrauchsw­are kehren wir jetzt mit dem eisernen Besen raus. Es hat gestimmt, in den Redaktions­stuben musste wirklich einmal wieder aufgeräumt werden!

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

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