Die Coronakrise darf nicht von der Klimakrise ablenken
Wo bleibt gerade jetzt das klare Bekenntnis der Regierung zu Klimaneutralität?
Die Klimakrise erfordert nicht morgen oder nächstes Jahr Lösungen, sondern heute. Dass wir zusätzlich mit einer Pandemie konfrontiert sind, macht die Herausforderung einer ökosozialen Wende nicht geringer. Wir Klimastreikenden fragen uns: Wo bleiben klare Ansagen des Bundeskanzlers, die Chance zu ergreifen und unser Wirtschaftssystem endgültig klimaneutral umzubauen?
Corona hat eine der größten Lügen der Politik entblößt: nämlich die Behauptung, dass sie nicht rasch und entschlossen handeln könne. In der Pandemie haben die Regierungen gezeigt, dass sie handlungsfähig sind und ernsthaftes Krisenmanagement betreiben können, wenn sie eine Krise als Krise behandeln. Diese Fähigkeit muss jetzt auch auf die Klimakrise angewandt werden. Denn weiterhin werden Rekordwerte an CO2 gemessen, die Klimaneutralität 2040 zu erreichen wird täglich schwerer und die Auslösung von irreversiblen Klimakipppunkten rückt immer näher.
Die zusätzliche Wirtschaftskrise hat die Regierung veranlasst, Menschen akut finanziell zu unterstützen. Neben den SoforthilfeMaßnahmen werden aber auch Strategien diskutiert, um die Wirtschaft langfristig wieder anzukurbeln. Was dabei ausgeklammert wird: Die aktuellen Konjunkturpakete werden unsere Leben prägen, und das dauerhaft. Denn ob jetzt in einen massiven Ausbau von Autobahnen und Flughäfen investiert wird oder in den öffentlichen Verkehr, entscheidet darüber, ob wir die unbedingt notwendige Klimawende schaffen.
Notwendige Klimawende
Warum gibt es keine öffentliche Debatte über diese so wichtigen Zukunftsentscheidungen? Warum werden die Gespräche hinter verschlossenen Türen geführt? Warum werden Forscher und Forscherinnen mit klimarelevanter Expertise nur in einzelnen Gremien einbezogen und nicht in allen Phasen der Entscheidungsprozesse? Diese Vorgehensweise wird der Wichtigkeit der Entscheidungen für unser aller Zukunft nicht gerecht. Weiterzumachen wie bisher kommt nicht infrage. Die Klimakrise erfordert politische Antworten und die Einhaltung des Pariser Abkommens. Die Rahmenbedingungen für eine ökosoziale Gesellschaft müssen jetzt geschaffen werden, nicht erst in einigen Jahren.
Eine nachhaltige Neuausrichtung der Wirtschaft ist nicht zuletzt aufgrund der bedrohlichen Auswirkungen der Klimakrise unabdingbar. Trockenheit, Hitzewellen, Waldbrände und Überschwemmungen: Bereits jetzt spürt man ihre Konsequenzen auch hier. Ökologische Projekte können zur Stabilisierung des Arbeitsmarkts beitragen, kohlenstofffreie Technologien machen uns zudem unabhängiger von Ölimporten. Eine umfassende Ökologisierung kann Österreich also generell widerstandsfähiger und zukunftsfitter machen.
Der Kanzler schweigt dazu
Noch vor wenigen Wochen hat Sebastian Kurz den Klimaschutz zur Chefsache erklärt, doch jetzt schweigt der jüngste Kanzler der Welt zu den Anliegen seiner Generation. Die Jugendlichen, die man vor einem Jahr noch kräftig umworben hat, werden wieder konsequent ignoriert. Dabei ist es wichtiger denn je, Klimaschutz nicht als Randthema, sondern als Grundbedingung zu sehen, nach der alle Entscheidungen ausgerichtet werden. Die Jugend ist wütend. Zu Recht, denn sie und alle nachkommenden Generationen tragen die Kosten, wenn heute nicht gehandelt wird.
Emilia Tscherne (15) besucht die 5. Klasse eines Wiener Gymnasiums und ist seit einem halben Jahr aktiv bei „Fridays for Future“. Laurenz Faber (18) absolviert derzeit seinen Zivildienst und engagiert sich ebenso in der Klimabewegung.
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